Incidents (Igor & Svetlana Kopystiansky, 1997) 8,30
Wie dieser magische American Beauty-Moment mit dem durch den Wind treibenden Plastiksackerl, nur in (15 min) lang. Gut möglich, dass irgendjemand aus dem AB-Team während der Produktionszeit dieses Video in einer Ausstellung in New York gesehen hat, zeitlich würde es passen. Müllpoesie in purer, magischer Form.
Natural History (Christian Gonzenbach, 2005) 8,25
Gurken wuseln durch ein Museum und schauen sich in Vitrinen eingelegte Gurken an – eine sehr witzige Idee mit intelligentem Grundgedanken. Dazwischen immer wieder mit Brummen unterlegt eine eingelegte Gurke in Großaufnahme – wie ein im All dahin treibendes Raumschiff…
The Lake (Peter Land, 1999) 7,30
Ein Jäger geht durch den Wald (begleitet von Vogelzwitschern und Beethoven). Dann kommt er an einen See, steigt ins Boot, setzt seine Flinte an – richtet sie auf das Boot und schießt. Dann setzt er sich seelenruhig hin und das Boot sinkt – bis nur noch der auf dem Wasser treibende Jägershut zu sehen ist. Danach der menschenleere Wald. Skurrile Dekonstruktion menschlicher Verhaltensmuster (oder so ähnlich) stand in der Museumsbeschreibung dieses köstlich ironischen Kurzfilms..
Murder Psalm (Stan Brakhage, 1980) 8,95
Absolute Experimental-kunst-wahnsinns-magie von Stan Brakhage. In irrwitzigem Tempo eine Mischung aus den typischen bemalten Filmstreifen, bis zur Unkenntlichkeit (über-? unter-?)belichtetes Filmmaterial, das das Auge immer wieder fordert. Das Gehirn sowieso. Immer wieder ein Wissenschafter, der Regionen des Gehirns zeigt und dann geht das Bombardement der Wahrnehmungsfähigkeit wieder los. Inhaltlich geht es irgendwie um Mord, oder um Krieg; da etwas zu entschlüsseln, dürfte auch bei mehrmaligem Ansehen schwer sein. Doch faszinierend ist es enorm. Leider nur einen Tick zu lang – irgendwann kann das Gehirn nicht mehr folgen, die Aufmerksamkeit lässt nach. Um was ging es nun? Egal.
Take the 5:10 to Dreamland (Bruce Conner, 1976) 8,30
Vor ein paar Jahren schon mal gesehen, damals verzaubert gewesen. Eine Folge von traum-ähnlichen Bildern mit einigen wunderschönen Momenten, die beim Wiedersehen ein bisschen vom Zauber des ersten Mals verloren hat.
Report (Bruce Conner, 1967) 8,90
Das Attentat auf Präsident Kennedy und seine Schockwirkung auf die amerikanische Seele. Conner interpretiert das, indem er den Live Audio Kommentar mit Archivbildern koppelt und – im besten Moment – die Bilder zu einem Stroboskopflimmern werden lässt, während der sich fast überschlagende Kommentator weiter berichtet. Die Leinwand bebt und wird zu einem lebendigen Bombardement der visuellen Wahrnehmung; man ist schon richtig benebelt, während man weiter dem Bericht lauscht…
Danach geht es mit nicht mehr ganz so heftigen Bild-Experimenten weiter, ganz am Ende gibt es Bilder aus Lebzeiten Kennedys, die an diesen beliebten Präsidenten erinnern, während die Tonspur weiter vom Attentat berichtet.
Conners Film ist ein enorm spannendes, aufregendes Nachdenken über einen nationalen, kollektiven Schock und ein famoses Experiment der abweichenden und doch verwandten Ton- und Bildspuren. Und zudem auch ein Nachdenken darüber, wie man so ein unfassbares Jahrhundertereignis bebildern kann…
Ten second film (Bruce Conner, 1965) 3,80
Ein Countdown und ein paar Bilder, die jeweils eine zehntel Sekunde irgendwas zeigen (z.B. ein Auto). Man kann zwar erahnen, was Conner damit ausdrücken wollte (Grenzen der Kunst zeigen und vielleicht auch ironisieren), und irgendwie ist die Idee ganz nett, gleichzeitig aber so beliebig, dass sie trotz des deutlichen „Kunst“ Rufens eher nicht erwähnenswert ist.
Cotillion (Joseph Cornell & Lawrence Jordan, 1968) 2,90
Bildmaterial von Babys, die Grimassen schneiden oder irgendwas “lustiges” machen, teilweise angehalten, um einen folgenden Witz-Effekt zu ermöglichen. Also fast wie ein Avantgarde-Vorgänger der unsäglichen „Pleiten, Pech und Pannen Shows“. Danach dann plötzlich Zirkusaufnahmen. Dauert ca. eine viertel Stunde und erfüllt anscheinend irgendeinen (musealen) Kunstanspruch. Unglaublich unspannend.
Perfect Film (Ken Jacobs, 1986) 8,10
Malcolm X wurde erschossen, ein Augenzeuge spricht vor der Kamera. Dahinter Schaulustige. Während für die schwarze Community und ganz Amerika etwas Schreckliches passiert ist, sieht man u.a. wie die Leute in die Kamera grinsen, weil das "on camera" sein für sie (vermutlich) etwas Besonderes ist. (Ja, früher war das noch etwas Besonderes sein Gesicht in eine Kamera zu halten). Einer springt sogar immer wieder ganz hinten hoch um doch ja von der Kamera erfasst zu werden (ähnliches kennt man aus Fussball-Interviews nach einem Spiel). Während wir vorne den jungen Mann vom Attentat berichten hören, ganz sachlich. Diese Anfangsszene ist die beste von Jacobs Film. Danach gibt es andere Interviews und somit ein interessantes Zeitdokument zu sehen; wenig experimentell, eher sehr sachlich montiert.
Irritierend an dem Film ist der Titel eigentlich schon.