28. November 2012

Rubber (Quentin Dupieux) 8,27



Eine echte Überraschung und nachträglich noch ein Highlight aus dem letzten Jahr: Der Film über den mordenden Reifen ist nicht nur ein schräges B-Movie (das wie soviele nach einiger Zeit dann fad und redundant wird), sondern absurdes Meta-Theater. Filmfiguren möchten die Zuseher vergiften, damit sie früher nach Hause gehen können (diese Ebene hat letztlich mehr Bedeutung als die Handlung mit dem Reifen selbst) – ein kleiner Geniestreich von Dupieux, der auch sonst alles schön im Griff hat: edle Bilder, platzende Köpfe und ein fetziger Soundtrack.

23. November 2012

Rosenmüller, Suzuki, Soavi


Wer früher stirbt, ist länger tot (2006) 8,29

Mittlerweile ja schon eine Art Kultfilm, endlich auch mal gesehen: Die Mischung aus bodenständigem bayrischem Schmäh und gefühlvoller Poesie ist ein sympathisches Kunststück. Im Mittelpunkt steht, neben allen möglichen sonstigen köstlichen Gestalten, ein sympathischer, an den höheren Mächten verzweifelnder Lausbub mit vor allem katholisch eingeimpften Schuldkomplexen, und folgerichtig spricht der Film oft aus einer kindlichen Persepektive, was zu komischen „Verständnisproblemen“ führt, und immer wieder zu sehr heiteren, aber auch bemerkenswerten (ja, vermutlich Fellini-haften) Sequenzen, etwa die wiederkehrenden Fegefeuer-Gerichts-Alpträume oder der Wahn am Ende..


Tantei jimusho 23: Kutabare akuto-domo / Detective Bureau 2-3: Go to hell, bastards (1963) 5,30

Natürlich kann nicht jeder Suzuki so enorm sein wie Tokyo Drifter oder gar der eben besprochene Branded to Kill, aber ein wenig mehr an Speziellem braucht es dann doch für einen lohnenswerten Ausflug ins japanische 60-er Kino. So ist es halt nur eine launige Undercoverermittler gegen Gangster-Chose mit herrlich relaxtem Jazz und kleinen Musicaleinlagen, aber tja, das war es dann eigentlich auch schon. Der Rest ist kaum erwähnenswert. Zwar sympathisch, hat aber auch zu wenig bzw. eigentlich so gut wie gar keine „Wow-Momente“ - sicher kein Suzuki, den man unbedingt gesehen haben muß.


Dellamorte Dellamore (1994) 3,35

Eine Zeit lang ein charmanter, morbider, artifizieller Blödsinn über einen Friedhofswärter, Zombies und die Liebe. Der Humor, ein wichtiges Element an diesem Werk, ist sehr speziell und in meinem Fall als kaum witzig empfunden; jedenfalls ist das immer eher klamaukig und trashig als gruselig oder wirklich stimmungsvoll.

So weit, so immer noch ganz erträglich, aber in der zweiten Hälfte herrscht dann nur noch Konfusius: die Geschichte dreht ab, ohne jedoch irgendwelche „Mindfuck“ Qualitäten zu besitzen; zahlreiche Elemente verderben den Brei, die Regie (die im Ansatz ganz reizvoll war) verliert völligen Zusammenhalt.

Am Ende war das kein reizvoller Psychotrip, sondern nur noch Schwachsinn, bei dem die köstlichen Momente auch immer weniger wurden. In der ersten Filmhälfte hätte ich einen kleinen Kultstatus gerade noch nachvollziehen können, aber so wie der Film gegen Ende absackt, ist fast schon als dilettantisch zu bezeichnen.

19. November 2012

Filmgeschichte: Koroshi no rakuin/"Branded to kill" (Seijun Suzuki, 1967)



Filme, die 90 Minuten lang absurde Blüten treiben und das Kino dekonstruieren, laufen auf Dauer Gefahr etwas mühsam, emotional leer zu werden und am eigenen Anspruch zu ersticken…

Doch was Suzuki hier geschaffen hat, ist ein Werk für die Ewigkeit, ist zutiefst bewundernswert, zählt zu den allergrößten Errungenschaften der Filmkunst und war natürlich ein genialer, verspielter, radikaler, humorvoller, eigengefährdender Schlag ins Gesicht aller „Genrefreunde“, NormalkinogängerInnen, der Produktionsfirma, usw. Und so radikal umwerfend ist er auch heute noch, glücklicherweise ist es dabei auch völlig egal, wie viele Filme man davor schon gesehen hat.


9,60 P.

18. November 2012

También la lluvia (Icíar Bollaín) 8,35




"Und dann der Regen": Einer der packendsten und intensivsten Filme dieses Kinojahres über ein spanisches Filmteam, das in Südamerika einen Film über Columbus bzw. Christen, die die Ausbeutung der Ureinwohner kritisierten, dreht (ein bisschen ein nostalgischer „irrer Herzog dreht in Südamerika“-Faktor ist hier stets dabei).

Handlungsmuster und Einstellungen der Vergangenheit wiederholen sich in der von Armut und dem Kampf gegen die ausbeutende Regierung geprägten Gegenwart, das Filmteam versetzt sich teils enorm in die Rollen hinein, und das gibt dem Film, neben den Thrill-Aspekten der Geschichte, seinen faszinierenden Unterboden: Die Verzahnung von Film und Realität bzw. Politik sowie die ideologischen Diskussionen und Auseinandersetzungen, die geführt werden. Das wuchtige Drama ist dabei in seiner Konstruktion sicher manchmal auch etwas simpel, bleibt jedoch meistens sowohl emotional als auch kognitiv spannend und sowieso aufregender als so ziemlich alles andere noch viel formelhaftere im „Unterhaltungssektor“. Kurzweilig ist der Film auch so ziemlich jede Sekunde. Großartig gespielt sowieso (Bernal, Tosar!).

Natürlich stellt sich für die Mitglieder der Crew gegen Ende immer mehr die Frage: Ist (der) Film das Wichtigste? In dieser Frage schlägt sich Regisseurin Bollain dann auch auf eine Seite, was grundsätzlich sympathisch, jedoch vielleicht etwas holprig geschieht.