28. Februar 2013

Prometheus (Ridley Scott) 7,80



Ein Premake von ALIEN hat Ridley Scott gedreht – Vorgeschichte und zugleich entferntes Wiedererzählen seines großartigen Werks von 1979. Der Grund dafür, dass dieser teils sicher auch blöde Film so viel Spaß macht, ist vor allem das fantastische Setting. Völlig Ein- und Abtauchen in die fremde, gefährlich-betörende, unbekannte Welt, für das geht man ja immerhin auch hin und wieder ins Kino.

Ein wichtiger Verdienst des feinen 3D Thrillers ist aber natürlich auch das Rätseln danach: hat man alles verstanden? hat man jetzt einen komplett blöden Film gesehen? was ist da und dort nochmal passiert? Es ist die Lust am Sinnieren über ein „eigentliches B-Movie“ (auf hohem inszenatorischen Niveau), das Prometheus nicht nur während des oft atemberaubenden Erlebnisses, sondern auch im Nachhinein so spaßig und gelungen wirken lässt. Sicher neben dem großen Anteil des sinnlichen Visionärs R.S. auch ein Verdienst des (von Kritikern auch gescholtenen) Lost-Writers Damon Lindelof.

27. Februar 2013

ParaNorman (Sam Fell & Chris Butler) 8,25



Okay, diese animierte Kinder-Zombiekomödie ist inhaltlich sehr simpel gestrickt (und beinahe hätte ich sie mir gar nicht angesehen), macht aber dennoch viel Spaß, weil: sehr witzig, charmant, enorm temporeich, genial animiert.

Das ist zwar alles immer noch weit entfernt von der düster-romantischen Vision Coraline, aber solche Momente wie dieses unglaublich cool aussehende (vielleicht an Animes erinnernde), das Bild scheinbar zerlegende Finale (diese Farben!), sind ein Erlebnis. Die 3D-Version war jedoch (im Gegensatz zu Coraline) total überflüssig.

24. Februar 2013

The Dark Knight Rises (Christopher Nolan) 3,70



LUL: Lang und laut, das ist der letzte Nolan-Batman vor allem. Etwas zu den beiden Vorgängern hinzufügen kann er nicht, wobei es natürlich schwer scheint, nach dem beeindruckenden zweiten Teil noch einen draufzusetzen. Nolan hat es ambitioniert versucht, ist dabei aber gescheitert.

Dem überlangen Möchtegern-Bombast fehlen nämlich die Wow-Momente, am ehesten kreativ ist noch der Flugzeugüberfall zu Beginn. Tom Hardy als Bane wirkt immerhin kurios (und bezogen auf die Muskeln, die man sehen kann, noch ärger als in Warrior), die Faustkämpfe mit Batman zeugen von einem interessanten Trend des Kinos, wieder hin zu mehr spürbar hartem Körpereinsatz in einer Welt der Digitaltricks. Doch das verpufft in zweieinhalb Stunden, die von überwältigend lautem Einheitsgetöse so erdrückt werden, dass man es kaum mehr Unterhaltung nennen kann.

Enttäuschend und eigentlich völlig entbehrlich ist dieser Film (politische Subtexte an sich können noch nicht das hinreichende Qualitätsmerkmal sein), die "besten Szenen“ und vor allem auch das von Nolan so geliebte und grundsätzlich auch hervorragend beherrschte „cross-cutting“ wirken wie Aufgüsse aus The Dark Knight und Inception - da hat sich jemand gewaltig überhoben. Im Interview mit Film Comment spricht Nolan auch darüber: „...building and building tension“, „it's a risky strategy because you risk exhausting your audience“(!). Und nicht zuletzt, „this ability to blow things up into very large emotions“. Für mich hat Nolan es in seinem Eifer, noch einen draufzusetzen, übertrieben. Interessant ist so gesehen vor allem, wie seine kommenden Werke aussehen mögen. Da er auch erwähnt, wie überrascht und erfreut er war, dass das Publikum dieses Extrem so gut angenommen habe, ist fast zu befürchten, dass er diesen Stil noch weiter treiben will – aber wir werden sehen.

In gewisser Weise ähnelt nun Nolans Batman-Saga rückblickend jener, mit der die Wachowski-Geschwister knapp ein Jahrzehnt zuvor mehr oder weniger reüssierten: immerhin bot der ebenfalls ziemlich vergeigte, gigantomanische Abschluss der Matrix-Trilogie aber wenigstens noch eher faszinierende Action-Orgien und viel Spannung, wie es denn ausgeht.

21. Februar 2013

Tom meets Zizou (Aljoscha Pause) 8,65



Wer sich mit dem Fußball-Universum beschäftigt, kennt die vielen Klischees des etwas proletenhaften, eher einfach gestrickten Mannes, der den Ball kickt, und sonst „nicht viel im Hirn hat“. Auch der österreichische Schwimmer Markus Rogan hatte vor einiger Zeit mit seiner (pseudo)provokanten Aussage, intelligente Sportler hätten keine Chance auf sportlichen Erfolg, und umgekehrt, zum Thema Profisport und Intelligenz aufhorchen lassen.

„Kein Sommermärchen“ ist eine wundervolle, vielschichtige Sportler-Filmstudie über einen intelligenten, eigensinnigen Profi-Fußballer mit Riesentalent und Sinn für Kultur. Zugleich auch eine Studie des Mega-Systems Profifußball und dessen vielen, oft absurden Facetten.

Hätte Thomas Broich, dieser grandiose Fußballer, mit einem einfacher gestrickten Intellekt und einer handelsüblichen Männlichkeit mehr Erfolgsaussichten im Geschäft gehabt? Stand er sich durch seine hohe Reflexionsfähigkeit gar selbst im Weg? In dem Film sieht man auch den Menschen, der keine Maschine sein kann. Der sich dem autoritären Erfolgstrainer nicht beugen will. Der seinen eigenen Weg geht. Und letztlich damit doch seine eigene Erfolgsgeschichte hat.

18. Februar 2013

Serbuan Maut (Gareth Evans) 6,63



Das angekündigte Action-Feuerwerk The Raid (Redemption) ist nach einiger Zeit doch etwas eintönig, und man wartet eher auf richtig herausragende Szenen. Eigentlich auch gar nicht so überraschend bei der Prämisse des Films: Kampf durch alle Ebenen eines Hochhauses. Am interessantesten ist vielleicht, dass der Film oft eher den Charakter eines Survival Horrors hat, in dem die vielen gesichtslosen Bewohner die Rolle der Zombies übernehmen. Gegen Ende legt die Action bei den intensiven Kampfszenen einen Zahn zu, vor allem dank des irren, sauschnellen „Mad Dog“.

Trotz des ordentlichen Hypes und der für einen schnörkellosen Erwachsenen-Actionfilm aus Asien (natürlich erfreulichen) ungewöhnlichen Kinoauswertung ist "The Raid" keine Offenbarung (dafür ist halt alles doch ein wenig zu „B-Movie-artig“), aber doch ein sympathisches, relativ straightes „Actionbrett“.

16. Februar 2013

L'estate di Giacomo (Alessandro Comodin) 6,80


Der (psychisch/auditiv?) leicht beeinträchtigte Giacomo strapaziert mit Stimmlage und Verhalten die Nerven des Zuschauers (was aber ganz sicher keine Schwäche des Films ist, sondern eher allgemein menschliche Schwierigkeiten beim Umgang mit beeinträchtigten Menschen reflektiert und herausfordert).

Natürlich wäre dieses Herausfordern alleine kein Grund, den Film „aushalten zu sollen/wollen“, doch im Falle des eher nebenbei Dranbleibens wird aus etwas, das anfangs eher wie eine ziemlich billige, ziemlich lahme Version von Apichatpongs schönem Blissfully Yours anmutet, noch eine schöne (Fast?)Romanze, geprägt von Klassikern der unsicheren Annäherung von Teenagern. Im letzten Drittel sprüht der Film vor Romantik und leichter Sinnlichkeit, um dann ungewöhnlich zu enden und den Zuschauer vor ein Rätsel zu stellen. Kein Must see, aber die wenigen, die diesen Film je sehen, bekommen etwas Zärtlich-Sensibles geboten.

14. Februar 2013

Koi no tsumi (Sion Sono) 2,30



Guilty of Romance - Schuldig der Anklage: Ärgerlich, nervig, hysterisch, filmisch kaum aufregend (es gibt ein paar Neonfarben, behave!). Das Wort „lustfeindlich“, das mir in manchen Filmdiskussionen nicht so behagt, trifft hier voll ins Schwarze. Der Sex nervt, wie die Männer mit den Frauen umgehen, nervt in seiner Kälte, ohne dass es jemals beklemmend und furchterregend wirkt. Eigentlich nervt so ziemlich alles an dem Film, und da kann er noch so eine gewollte intellektuell-philosophische Spielerei mit Kafka und weiß der Kuckuck was sein.

Sono war grenzgenial bei Love Exposure und gegen Ende transgressiv im sonst auch schon ähnlich „emotional vergletscherten“ Cold Fish. Schuldig ist dieser Film jedoch auch darin, extrem lang zu sein, Motive und Figuren völlig jenseitig zu gestalten, und den vorigen Werken nichts Neues hinzuzufügen. Eher unterbietet er sogar noch den overstylten Blödsinn des japanischen Kollegen Confessions, und ist gar der schlechteste unter den vielen interessanten Filmen des Jahres 2012.

Die letzten 10 Minuten sind dann so etwas wie Kino und zeigen, dass Sono ein fantastischer Regisseur sein könnte. Zum Glück ist die Hass-Trilogie ja jetzt vorbei...

12. Februar 2013

Cosmopolis (David Cronenberg) 7,45



Schon lässig, wie Cronenberg in der „A-Liga“ des Kinos einen zu Beginn in der Limousine oft billig anmutenden Film vorstellt. Dieser Stil ist natürlich beabsichtigt und weiß als Mischung aus retro und utopisch auch zu gefallen; höchst beeindruckend ist vor allem die „schalldichte“ Tonspur der Verfilmung der Satire von Don DeLillo. 

Wie fast immer muß auch der obligatorische Spruch „Buch war gehaltvoller und besser“ kommen, Cronenberg kann auch für mein Empfinden nichts hinzufügen (und eine äußerst surreale Szene aus dem Buch ist fast verständlich, aber halt auch leider nicht drin); dafür wirkt das Ende mit dem überdrehten Giamatti im Film schon eher nervig. Dennoch eine schräge und stilvolle Odyssee durch die Nacht, ein bisschen (und mehr noch spürbar als bei DeLillo) American Psycho light, wenn man so will.

10. Februar 2013

Elles (Malgorzata Szumowska) 4,40



Die Geschichte von der bürgerlichen Reporterin und ihrer Recherche über junge Prostituierte, die sich als sehr selbstbewusste Frauen zeigen, hat interessante Aspekte, aber auch ein seltsames, wenig gelungenes Ende.

Spoiler zum Schlussabschnitt des Films folgen!

Letztlich ist weniger das vielschichtige Frauendrama an sich, sondern das kaum nachvollziehbare Ringen um so etwas wie eine "Aussage" zum Ende das Enttäuschende; die Sehnsucht nach sexueller Abwechslung, Abenteuern oder Selbstbestimmung (dt. Titel: Das bessere Leben) ist natürlich verständlich, dann wird aber plötzlich das eigene, selbstgewählte Familienleben als öde dargestellt, nur um mit der letzten Einstellung dann doch wieder vage dagegenzurudern: verquast nennt man sowas wohl, und es mutet leider auch total unentschlossen an.

Das „Provokante“ am sonst eher zärtlich mit der Prostitution flirtenden Film beschränkt sich darauf, dass ein Freier einer jungen Hure einen Flaschenhals in den Arsch schiebt, sie verletzt und herabwürdigt. Auch dieser misshandelnde Freier sitzt dann in einer Tagtraum-Montage mit an Annes Tisch der sexuell herbeigewünschten Männer.

Eine mehr oder weniger starke Szene: Denn ob man solche Fantasien völlig unverständlich oder nachvollziehbar empfindet, bleibt bei der im Endeffekt leider recht banalen Erkenntnisgeschichte des Films schon fast egal.

8. Februar 2013

Kurzkommentare aus dem 2. Halbjahr 2012

Bunt gemischt von toll bis schwach; Filme, zu denen ich nach dem Sehen wenig bis nichts notiert hatte und offensichtlich Monate später nicht allzuviel zu sagen habe..



Hell (Tim Fehlbaum) 5,2
Zu Beginn noch atmosphärisch, irgendwann dann nur noch Malen nach Zahlen; mit den leichten TCM Anklängen geht dann jede Eigenständigkeit flöten, und außerdem ist es mehr dunkel als hell.
Am Ende gelingt mit dem Ausbruch ins Helle nochmal eine feine Szene, insgesamt aber muß man diesem Produkt keine 90 Minuten seines Lebens schenken.


Restless (Gus van Sant) 7,6
Zu Beginn eher nervige Indie-Coolness, aber van Sant kann eh keine schlechten Filme machen; er schafft es, dass die wenig spezielle Geschichte dennoch sanft berührt. Vor allem das Ende ist großartig; die Erinnerungen und dann das erste Lächeln; eines der einfachsten und schönsten Enden, die das Kino dieses Jahr zu bieten hatte...


Weekend (Andrew Haigh) 8,25
Eine extrem genuschelte homosexuelle Liebesgeschichte. Ich habe zwei Drittel der Dialoge nicht verstanden, aber die unaufgeregte Zärtlichkeit des Films ist schön.


The Muppets (James Bobin) 4,3
Leider nur eine Nummernrevue, allzu sehr nach Schema F und gar arg „heile Welt“-ig. Vor allem nicht besonders witzig (hier hätte man bei Segel/Stoller mehr erwarten können). Musicalexperte bin ich ja beileibe nicht, aber wirklich gut waren die Songs für meine Begriffe nicht.


Grenzgänger (Florian Flicker) 7,1
Man merkt diesem lässig österreichischen Drama den Theater-Ursprung doch sehr an, aber Kammerspiele haben ja oft was Feines. Und Flicker hatte ja auch schon mit "Der Überfall" ein sehr spezielles gedreht. Dieses hier ist ruhig, lässig, soghaft, und unaufgeregt düster, hat gute SchauspielerInnen. Gegen Ende wird es auch intensiver, und intensiver...


Killer Joe (William Friedkin) 7,38
Ein White Trash-Theater, jederzeit packend inszeniert. Das Groteske und die schwarzhumorigen Schenkelklopfer halten sich ziemlich in Grenzen, sprich Friedkin und Tracy Letts führen ihre fast armselig naiven Charaktere bei weitem nicht so vor, wie es im Bereich des Möglichen wäre. Mc Conaughey zeigt Präsenz, das Finale ist intensiv. Aber es bleibt eben alles auch Theater.


Intouchables (Nakache & Toledano) 6,65
Einer der sowohl meistgeliebten als auch meistgehassten Filme des letzten Jahres stellt sich als bei weitem nicht so schlimm heraus wie von einigen Bloggerfreunden dargestellt. Bis auf ein bis zwei schlimme, schwer erträgliche Szenen ist es ein ganz nettes, charmantes Buddy Movie mit dem Herz am richtigen Fleck. Rassismusvorwürfe schießen doch ziemlich an den Motiven des Films vorbei.


Hoshi o uo kodomo/Children who chase lost voices from deep below (Makoto Shinkai) 7,49
Eine schöne, epische, traurige Anime-Geschichte über ein kleines Mädchen und den Wunsch, dem Tod ein Schnippchen zu schlagen.


The Rum Diary (Bruce Robinson) 6,48
Ganz nette H.S. Thompson Adaption, die aber an das Lese-Erlebnis nicht heranreicht. Kurios dennoch, dass vieles beim Nachblättern eh ähnlich war, und ich nicht so recht weiß, was mir eigentlich gefehlt hat.


The 40 year old virgin (Judd Apatow) 8,45
Endlich mal das Apatow Debüt gesehen; köstlich-derb-kindische Unterhaltung mit Herz; es ist auch absolutes Formelkino, aber diese Formel war immerhin eine neue (as far as i know), und sehr nette.


Ai Weiwei: Never Sorry (Alison Klayman) 8,26
Zunächst wenig Begeisterung über den üblichen Doku-Stil mit vielen Interviews etc.. Doch bald nimmt einen das Engagement und das Trotzige dieses Mannes ein. Der Film mag auch nur bestimmte Aspekte eines gigantischen Themas beleuchten (wie könnte es auch anders sein), doch er eignet sich hervorragend als Reflexionsbasis und Einsicht in das Reich der Zensur.


Arbeitstitel (Björn Last) 8,10
Schon ein wenig prätentiös, aber umwerfend schön ist Lasts bislang bester mir bekannter Film. Wie er formal (Musikeinsatz, Kamera, Schnitte) arbeitet, ist erstaunlich, toll und beeindruckend.
Die Fragen und Reflexionen wirken trotz der offensiven „Kunst!“-Attitüde bodenständig und interessant. Der Film vereint Ästhetik und künstlerischen Zugang zum Filmemachen auf eine Art, die Lasts Vorbild Godard im Kleinen schon mal sehr gerecht wird.


Batman begins (Christopher Nolan) 6,35
Eher ödes Wiedersehen mit Nolans Batman Reboot nach ca. 7 Jahren (damals 8/10 gegeben). Was damals noch unterhaltsam schien, ist heute nur noch partiell so. Die Exposition ist mit einer Stunde zu lang, der versuchte psychologische Unterbau wenig bedeutsam.
Auffällig auch, wieviele Altstarschauspieler sich im Film tummeln, doch wirklich überzeugend sind die Auftritte nicht. Der jüngste, Cilian Murphy, strahlt am meisten aus.
Als es endlich mit dem „echten“ Batman los geht, gibt es einige nette Sprüche und Momente, aber mitreißend ist es nie. Bleibt anzumerken, dass Nolans zweiter Batman Film doch deutlich intensiver und spannender war - in vermutlich jeder Hinsicht.



3. Februar 2013

Damas, au péril du souvenir (Marie Seurat) 8,14



Damaskus, voller Erinnerungen: Ein sehr persönlich erzählter Essay über eine Wohnungssuche in der syrischen Hauptstadt, bei gleichzeitigem Aufarbeiten der Vergangenheit des Landes und des damit verbundenen Todes des Ehemannes. Sehr sperrig, doch bald auch faszinierend. Klug, bitter, und mit viel eigener, auch kontroverser Meinung ausgestattet, ist dies eine ehrliche, von tiefstem Herzen kommende Hommage an Stadt und verstorbenen Mann.