31. August 2011

Bridesmaids (Paul Feig) 8,92




Der lustigste Film des Jahres, den man auf keinen Fall als müden „Frauenfilm“ oder gar als Hangover mit Frauen (WTF?) verkennen sollte ohne ihm eine Chance geben zu wollen. Die schauspielende Komikerin und Co-Autorin Kristen Wiig liefert eine sympathisch-niedlich-witzige Performance, flankiert von Nebendarstellerinnen, von denen die rüstigste für die tiefsten, aber auch am stärksten Lachtränen-evozierenden Momente sorgt.

Der Film ist in Apatow-Producer-Tradition etwas länger als die sonst üblichen 90 Komödien-Minuten, im Kern ein romantischer Liebesfilm und Abhandlung über beste Freundschaft (u. verbitterte Rivalität) zugleich (damit verwandt mit dem auch sehr feinen I love you, Man) und bietet die typische Mischung aus gut ausgeklügeltem Klamauk und kleinen feinen Blödeleien, bei denen nichts zu blöd ist (80%) und Herz (20%) – nur diesmal eben mit irre und hemmungslos lustigen Frauen anstatt den gewohnten Männerfiguren im Mittelpunkt. Ein im Grunde simples Konzept mit bewährten Komik(er/innen)-Elementen, die aber so gekonnt umgesetzt und federleicht verwoben wurden, dass man „Brautalarm“ für seinen entwaffnenden Charme und forschen Esprit - vom kleinen "is this your partner"-joke über Brechdurchfallorgien bis zu Peinlichkeiten im Flieger (usw. usf.) - einfach lieben muß.

28. August 2011

Super 8 (J.J. Abrams) 6,44




Das nostalgische Sci-Fi/Kinder-Filmemacher - Abenteuer ist unterhaltsam, spannend und sehr gekonnt inszeniert, doch insgesamt drückt diese intensive Hommage an vergangene Filme - in Verbindung mit deutlichen Elementen aus dem noch sehr jungen Cloverfield - die Wertung schon beträchtlich. Viele Szenen sind für sich genommen toll, das betont kitschige, spielbergeske Ende kann Tränen rinnen lassen und dennoch fehlt dem Film letzendlich so etwas wie eine eigene Seele. So gesehen sind es vielleicht die besten Momente, als im Städtchen gegen Ende die (Kriegs-)Hölle ausbricht und die Kinder sind mitten drin, wie Soldaten in diversen Kriegsfilmen Hollywoods: schräg-naiver Surrealismus.

Sehr charmante Meta-Spässchen wie der Zombiefilm im Abspann scheinen typisch für Abrams, ebenso sein ausgeprägter "Lens Flare"-Tick, dessen exzessive Einsätze einen besessenen, stur-autistischen Filmemacher vermuten lassen. Sein Super 8 wird wegen seiner nostalgischen Machart bereits von vielen geschätzt und ist auch nett, aber leider auch nicht viel mehr als eine Art liebevoll ausgearbeitetes Best of aus liebgewonnen Werken der Filmgeschichte.

26. August 2011

Buried (Rodrigo Cortés) 6,11




So ein Konzept kann kaum perfekt aufgehen, doch die „Eier“ des Machers erfreuen. Man sieht tatsächlich 90 Minuten nur Ryan Reynolds im Sarg (telefonieren und schreien).

Kleinigkeiten wie die Schlange oder Reflexionen über die Sinnhaftigkeit des gigantischen Aufwands einer derartigen „Geiselnahme“ kategorisieren den Film natürlich eher unter lächerlich, doch die Konsequenz des Kammerspiels und das 'Wissen wollen wie es ausgeht' sind schon spannend…

25. August 2011

Gamer (Neveldine & Taylor) 7,19




Wiederum wird uns von den beiden Enfants Terribles eine völlig irre Optik und Dynamik geboten, die zwischenzeitlich schon fast schwindel- oder übelkeitserregend wirken kann. In Zeiten, in denen manche Filmfans über nervöse Kameraführung in vielen Filmen klagen, gehen Neveldine und Taylor tatsächlich ins Extrem. In der völligen Aufhebung von gewöhnlichem Actionkino sind die beiden aber auch ungemein aufregend. Die Inszenierung einer mehrdimensionalen, computerisiert sozial vernetzten Welt gelingt sehr plastisch und natürlich total überspitzt, hat aber zugleich auch fast ekelerregend plausiblen Unterboden. Der eklige Fettsack etwa, der sich virtuell aufgeilt: das ist völlig ungehobelte Satire, der natürlich Feingefühl fehlt, die aber mit ihrer rohen Art auch Spaß macht.

Gamer ist hinsichtlich seiner Story deutlich mehr down to the earth als Crank 2, vielleicht fehlt dem martialischen, selbst in der leider nur gekürzt gesehenen Version Brutalitäten auskostenden Spektakel ein bisschen der völlige Wahnsinn, der den „Vorgänger“ auszeichnete. Im Kern ist es eine Sci Fi-Dystopie, die einem in vielerlei Hinsicht schon bekannt vorkommt: solche Gedanken konnte man beim zweiten Crank Teil kaum haben.

Einiges in diesem Film wirkt nicht ganz koscher, viele würden auch blöd und überdreht sagen, doch die beiden Regisseure toben sich richtig aus, liefern ein überlanges Musikvideo auf Speed mit ungefiltert grober Reflexion von Perversionen und Gewalt: positiv schwindelerregend und in der heutigen Filmwelt wohl einzigartig, aber zugegeben natürlich ohne jeglichen Tiefgang und bei weitem auch nicht ganz großes Kino.

24. August 2011

Delirious (Tom diCillo) 8,21




Mit seiner zwerchfellbombardierenden Filmdrehchaos-Groteske Lost in Oblivion hat sich Tom DiCillo in den 90ern einen Namen gemacht, kurz danach folgte mit The real blonde eine witzige, aber nicht ganz so stark nachhallende Satire. Die Vorfreude auf eine neue Komödie nach einiger Wartezeit (der Film wurde gerade erst 5 Jahre nach Entstehung im dt. TV als "Blitzlichtgewitter" ausgestrahlt) wird nun nicht enttäuscht. Michael Pitt als „echter“ und Steve Buscemi als halber Penner sind als Cast sowieso schon ein Hit. Die Satire im schmierigem Gesamtlook um Starrummel und Paparazzi mit Liebesfilm-Beilage pendelt stets unterhaltsam und launig zwischen Slacker-Männerfreundschafts-Blödeleien und profunden Seitenhieben auf das „Biz“. Regel Nummer 1: Ansehen!

22. August 2011

Q & A


Es scheint unter Filmbloggern eine kleine Tradition zu sein, sich gegenseitig Umfragen zuzuschanzen, sozusagen wie ein „Stockerl“ zuzuwerfen, das man nach Ausfüllen wieder anderen Kollegen oder Kolleginnen weitergibt. In meinem Fall hat es mir der geschätzte Herr hinter den „Sieben Berge“n zugeworfen und es hat Spaß gemacht, sich mit den Fragen auseinanderzusetzen. Here are also nun the results of the psycho-telephonebooker jury:


Ein Film, den du schon mehr als zehnmal gesehen hast?

Den gibt es nicht. Viel öfter als 3-4mal habe ich garantiert noch keinen Film gesehen. Vermutlich sogar keinen öfter als dreimal (darunter sind Herr der Ringe 1, Pulp Fiction, Terminator und Face/Off...das war es wohl schon wieder).

Ein Film, den du mehrfach im Kino gesehen hast?

Jeweils zweimal waren das Herr der Ringe 1 und American Beauty. Letzteres war auch eher sozial motiviert. Sonst habe ich kaum das Bedürfnis, in kurzer Zeit nochmal zu gehen, auch nicht bei fantastischen Werken.

Ein Schauspieler, wegen dem du eher geneigt wärst, einen Film zu sehen?

Mittlerweile sind es eher die Regisseure, die meine Filmauswahl beeinflussen.
Vor einiger Zeit hätte ich noch gesagt: de Niro, eventuell auch Norton und Bale. Jake Gyllenhall mag ich auch gerne, aber wenn der in einer faden RomCom mitmacht, schau ich sie mir deshalb nicht an, auch de Niros Karriere wurde ja irgendwann uninteressant. Jemand, den ich auch sehr gern mag und der im aktuellen Geschäft meinem Gefühl nach die beste Rollenwahl hat, ist Leonardo di Caprio. Und Daniel Day-Lewis natürlich.

Ein Schauspieler, wegen dem du weniger geneigt wärst, einen Film zu sehen?

Gibt es nicht. Jemand, den ich in seinen typischen Filmen nie mochte, ist Adam Sandler, aber in Funny People war er z.B. super.

Ein Filmmusical, dessen Songtexte du komplett auswendig kannst?

LOL

Ein Film, bei dem du mitgesungen hast?

Bei Toy Story – mit meinem Quasi-Schwipp-Neffen. ;)

Ein Film, den jeder gesehen haben sollte?

Wenn ich nach dem „einen“ gefragt werde, erwähne ich immer „am ehesten“ 2001. Gäbe davon abgesehen vielleicht noch ein paar humanistisch geprägte Werke, die man für so einen "Auftrag" in Betracht ziehen könnte…

Ein Film, den du besitzt?

Einer? Sind doch sehr viele. Eine Zeit lang war ich auch dem DVD-Sammeltick verfallen, mit der Absicht irgendwann mal jeden herausragenden (oder im TV meist geschnittenen) Film zuhause zu haben. Tja - ein letztlich doch eher zum Scheitern verurteiltes Verfangen, bei dem es selbst bei intensivem Sammeln und Geld ausgeben immer wieder große Lücken geben wird müssen. Tolle Filme zuhause zu haben ist aber schon was Feines (auch wenn man sie verhältnismäßig nie ansieht).

Ein Schauspieler, der seine Karriere nicht beim Film startete und der dich mit seinen schauspielerischen Leistungen positiv überrascht hat?

Pff, keine Ahnung.

Schon mal einen Film in einem Drive-In gesehen?

Nein. Gibt es bei uns überhaupt Autokinos? Könnte als einmaliges Erlebnis lustig sein, muß aber nicht.

Schon mal in einem Kino geknutscht?

Ja, schon, aber ich wende natürlich ungern meinen Blick (und die Aufmerksamkeit) von der Leinwand. Kurzes Bussi oder streicheln ist ok. ;)

Hast du jemals das Kino verlassen, weil der Film so schlecht war?

Never. Seltsamere oder offensiv anstrengende Werke, bei denen andere in Scharen rauslaufen, sind für mich meist genau das Richtige (auch wenn sie mir im Endeffekt vielleicht auch nicht gefallen). Persönliche Highlights bezüglich der Verlassensrate: El Cant dels ocells/Birdsong: der war wirklich mühsam, habe aber durchgehalten und mich trotz vielem Stöhnen und Ächzen irgendwie amüsiert; und natürlich der großartige Trash Humpers (da sind auch viele rausgegangen, haha).

Ein Film, der dich zum Weinen gebracht hat?

Kommt bei mir durchaus häufig und dann auch sehr exzessiv vor. Bei sehr emotionalen Szenen schießen die Tränen regelmäßig dahin. So geht es wohl wenigen, ist aber ein sehr schönes Phänomen, wie ich finde. Etwas irritierend ist es nur, wenn es bei Filmen passiert, die ich schon etwas distanziert oder kritisch betrachte (etwa jüngst bei Super 8).

Popcorn?

Schmeckt mir schon sehr gut, aber ich kaufe es kaum noch im Kino. Ob es was mit meinem Wandel vom „Popcornkinogänger“ zum „Kunst-Telefonbuch-Genießer“ zu tun hat? ;)

Wie oft gehst du ins Kino?

Seit ca. 2 Jahren so oft wie nie zuvor, im Schnitt 1-2 mal pro Woche. Es laufen eigentlich jede Woche mehr als 2 interessante Sachen (in Wien) an, also könnte ich ständig gehen, was natürlich dem Rest des Lebens nicht so zuträglich ist. ;) Sollte ich mal aus Wien wegziehen, könnte die Quote wieder deutlich sinken, weil mich vor allem die Randfilme anziehen; Mainstreamsachen dagegen, selbst die „publikumsfreundlicheren Arthausfilmchen“ mittlerweile viel weniger..auch der Originalton spielt inzwischen eine sehr große Rolle.

Welchen Film hast du zuletzt im Kino gesehen?

Eigenartige Frage. Spannender wäre vielleicht: „Was war der beste Film, den du dieses Jahr im Kino gesehen hast?“ (Dann hätte ich den wunderbaren Another Year anführen können.)
Zufällig war aber auch der letzte, den ich gesehen habe, der fast ebenso großartige Bridesmaids. Irre lustig, den Film kann man sich gleich auch bei den Wein- und Lachfragen dazu denken.

Dein Lieblingsgenre?

Das gibt es so nicht. Ich habe seit meiner Pubertät ein Faible für Kriegs-, Gefängnis- und Gangsterfilme, auch „Sozialdramen“ aller Art faszinieren mich meistens sehr. Natürlich mag ich auch Action, Sci-Fi und Horror, aber in jedem Genre gibt es halt großartige aber auch viele mittelmäßige bis völlig überflüssige Sachen. Komödien sind natürlich auch immer gern gesehen. Viel lieber als Genrefilme mag ich aber sowieso solche, die Grenzen sprengen, unvorhersehbar verlaufen, uneinordbar sind, usw..

Der erste Film, den du im Kino gesehen hast?

Vermutlich Arielle. Ich bin halt mit Mutter und Schwester mitgegangen. ;)
Der erste, den ich auf Eigeninitiative gesehen habe, könnte Jurassic Park gewesen sein - da war ich glücklicherweise im perfekten Alter für so ein Spektakel. :)

Welchen Film hättest du lieber niemals gesehen?

Ach..selbst die miesesten Sachen (deren Quote bei mir eh verschwindend gering ist), stellen Erfahrungen dar. Wenn ich meine Tiefstbewertungen so überfliege, könnten es vielleicht am ehesten Invernadero und Eden Lake sein.

Der merkwürdigste Film, den du mochtest?

Vermutlich Begotten. Ansonsten gibt es sicher sehr viele Filme, die ich mag, und die Leute aus meinem Umfeld als mindestens merkwürdig bezeichnen würden…aber Begotten war echt seltsam. ;)

Der beängstigendste Film, den du je gesehen hast?

Hmm, die schlimmsten Erinnerungen habe ich an Blair Witch Project und Schweigen der Lämmer. Jeweils alleine im Dachgeschoss des Elternhauses gesehen. Beim Schweigen war ich noch sehr jung und der Film hat mich für einige Zeit auch nachhaltig verstört. Bei Blair Witch war ich schon über 20, aber ich war während und nach dem Ende richtig geschockt und hatte tatsächlich so etwas wie Angst. Die allerdings bald wieder verflogen war. Danach kam die Japan-Horror Welle, von der ich einige Vertreter allein nachts in meiner Studentenbude gesehen habe, das war auch heftig und nach Ju-On war ich echt beunruhigt ob der eventuellen Existenz von Geistern (in meiner Wohnung)…

Ich bezweifle, dass solche (genialen) Erfahrungen in Zukunft noch mal drin sind.

Der lustigste Film, den du je gesehen hast?

Schwer zu sagen. Ich lache eigentlich über vieles und gerne. Die diversen "Zucker-Filme" ließen mich natürlich schwer ablachen, auch der South Park Film ist mir dahingehend in Erinnerung. Von den neueren Komödien eindeutig Talladega Nights(Ricky Bobby) und Step Brothers. Und eben der geniale Bridesmaids.



Tja, soviel dazu. Wem werf ich jetzt das Stockerl weiter? Gleich mal natürlich den Weirdo-Kötern von nebenan (wenn sie es nicht ohnehin schon irgendwann mal zwischen ihren versauten Griffeln hatten!). Und gerne auch, wenn er mag, zum besseren Kennenlernen, dem neu hinzugewonnen Leser und Blogautor Leon.

Ich danke für die Aufmerksamkeit und wünsche eine schöne (heiße) Woche.

18. August 2011

J'ai tué ma mère (Xavier Dolan) 8,27




Ein stürmischer, jugendlicher Kunstfilm, der richtig Spaß macht. Die Streitigkeiten zwischen Mutter und Sohn sind geradezu nach komödiantischer Art lustig und dennoch spürt man stets eine ehrliche Wut in den Charakteren, selbst wenn vieles aufgesetzt und grotesk bis pathetisch überspitzt wirkt. Dolan ist als Regisseur/Autor/Hauptdarsteller sicher narzisstisch veranlagt, doch er hat viel Charme, vor allem als stilistisch verspielter, leichtfüßiger Regisseur. Höhepunkt ist die emotionale Dripping->Sex->Wut und Zerstörungsmontage, mit rockender Musik unterlegt. Die schönste musikalisch-emotionale Szene des Kinojahres seit dem Ende von 127 Hours.

Mit dem Wutausbruch der verzweifelten, gekränkten Mutter, die den Mickey Mouse-krawattentragenden Internatsdirektor am Telefon intensiv zurecht weist, beweist der junge Filmemacher gegen Ende überraschend viel Gespür für Ungerechtigkeiten einer scheinbar noch entfernten Erwachsenenwelt. Durch zahlreiche gelungene Momente wie diesen wächst I killed my mother von manchmal auch flachsigem zu außergewöhnlichem Kino.

Viel Spaß macht nicht zuletzt auch das Spiel mit dem finsteren Titel: Tut er es oder tut er es nicht? Sie werden überrascht sein, wie sich Inhalt und Titel schlüssig finden, ohne dass der Film zu düster wird. Im Gegenteil, hier fühlt sich alles originell, ernsthaft und federleicht zugleich an.

17. August 2011

Rio (Carlos Saldanha) 3,44




Ganz schwacher Kinderanimationsfilm, der doch überraschend herben Content beinhaltet wie Gangster und einen extra psychopathischen Bösewicht, und der ein zwar nicht übermäßiges, aber für einen Kinderfilm doch erstaunliches Augenmerk auf sexuelle Schwingungen und Jokes legt. All dies wirkt total deplaziert, weil in einem an sich harmlos dahinblödelnden "Spaß"(?) für die Kleineren völlig unpassend, während Erwachsene bloß dämliche Anspielungen auf viel bessere Filme erkennen und sich in andere Kinosääle mit den originalen Krachern sehnen.

Ansonsten überrascht es fast wenig, wenn man sich an die relative Mäßigkeit der Ice Age Massenschlager erinnert: Rio hat eigentlich gar nix, was einen witzigen, flotten oder originellen Film ausmacht, ist bloß ein außerordentlich flügellahmer Vertreter eines Genres, das sonst immer wieder charmant-turbulente Vertreter hervorbringen kann, die Kinder und Erwachsene gut unterhalten.

Als besonders nervtötend erweisen sich die 2 Komiker-Vögel mit ihrer pseudocoolen (Hiphop-Gangsta) Art, vielleicht ist hier die Synchro schlimmer als das Original, aber viel besser kann jenes auch nicht sein.

Bezaubernd oder zumindest gelungen ist hier nichts bis ganz wenig: okay, die bunten Farben beim Karneval sind ganz nett, doch wie sich alle Figuren ständig blöd aufführen, nervt immer wieder und lässt nie Stimmung aufkommen. Auch sämtliche turbulente oder "lustige" Szenen des Films sind schon während dem Sehen so mäßig, dass man sie tatsächlich gleich wieder "vergessen" kann. Das einzig halbwegs originell-lustige ist der Nerd-Ornithologe, aber auch dieser Figur vermögen die Macher keine echte Tiefe oder Sympathie einzuhauchen.

Dem gänzlich uncharmanten Film fehlen ohnehin echte Highlights, wie sie viele Animationswerke zu bieten haben, darüberhinaus leidet er gehörig unter den völlig verkorksten Figuren und kuriosen Bemühungen, ein erwachsenes, gar sündiges Rio zu porträtieren. Man spürt zwar hin und wieder die (echte) Leidenschaft des Regisseurs für seine Geburtsstadt, doch in der schal-peinlichen Umsetzung passt nichts zusammen.

Am coolsten ist die Mucke im Abspann: da kommt endlich Laune und Partystimmung auf, der Film davor ist aber völlig banana.

5. August 2011

Octubre (Daniel y Diego Vega) 7,66




Sehr trockener Humor ist Markenzeichen von Im Oktober werden Wunder wahr. (Typisch?) südamerikanisch geht es auch oft sehr herb zu: wo der Ton gerade vorher noch sehr heiter-liebevoll war, kann es schonmal vorkommen, dass eine Frau ihre urinbefleckte Unterhose im Wasser des Geliebten auswringt!

Der Hauptdarsteller ist mit seiner stoischen Art in kuriosen Situationen immer wieder für Lacher gut, besonders das Schaukeln des Babys während der Arbeit als Running Gag verleitet automatisch zum Grinsen.

Die beiden Vegas bauen ihren Film (bzw. das Bild einer Pseudo-Familie) generell ruhig, aber zunehmend witzig auf. Als das lakonische Treiben gegen Ende wieder etwas schwächer, weil schein-vorhersehbarer wird, lassen sie den Film einfach völlig offen enden (Erinnerungen an das Finale von Rossellinis "Viaggio in Italia" werden spitzbübisch geweckt, aber nicht eingelöst, was übrigens auch den deutschen Titel wieder einmal noch sinnloser macht als er eh schon ist); nicht nur deshalb sollte man sich an Octubre erinnern, sondern auch weil die Machart nach Kaursimäki (und co)-Vorbild sich mit der Besonderheit eines peruanischen Werkes und mit herbem Humanismus vergnüglich, aber auch hintersinnig verbindet: bei aller Menschlichkeit spielt das Geld stets eine dominante Rolle - und sich gegenseitig zu helfen aber sich auch ein wenig zu bescheißen gehört beides wie selbstverständlich zum Leben des Pfandleihers und der übrigen Protagonisten.

Tehilim (Raphaël Nadjari) 7,48




Der Film um einen jüdischen Jugendlichen, der mitten in der Pubertät (lang wegbleiben, erste Freundin, Streß mit Eltern, Sinnsuche durch Gebete) steckt, nimmt nach kurzer Zeit eine plötzliche Wendung: der Vater ist verschwunden, er wird nie mehr zurückkehren, nie wird sich aufklären, warum und wieso.

Tehilim, dessen Übersetzung Psalmen bedeutet, folgt nun, sehr simpel, „naturalistisch“ inszeniert, der Familie durch die belastende Situation ohne den Vater zu leben, stets konzentriert auf den etwas störrischen, natürlich stark traumatisierten, verwirrten Jungen.

Man könnte sagen, es passiert hier nicht viel, doch man kann es auch eine intime, unaufgeregte, angenehm unsensationalistische Studie einer kuriosen Katastrophe nennen, die am Ende doch berühren kann - wenn auch in Summe nicht allzu wuchtig.

4. August 2011

Män som hatar kvinnor (Niels Arden Oplev) 3,25




Anmerkung: Dieser schon vor längerer Zeit verfasste, unmittelbar emotionale Text bezieht sich auf die Kinoversion. Eventuell hätte die etwas längere TV-Fassung etwas besser abgeschnitten, der Ärger über das Gesehene musste aber dennoch raus.



Bitter, wie wenig in der Filmversion von Stieg Larssons faszinierend detailreichem Blomkvist/Salander-Krimi Männer, die Frauen hassen übrig geblieben ist. Und wieviel an Details hier sinnfrei verändert wurden, obwohl die Änderungen ja gar nichts an Qualität hinzufügen, sondern Kenner der Vorlage nur noch mehr verärgern.

Es ist die alte und immer wieder gleiche Leier: Ein derart umfangreiches Buch kann man fürs Kino kaum adäquat umsetzen. Doch andererseits wirkt dieser Film so, als hätte man sich nicht mal ansatzweise Mühe gegeben, um den Charme der vielschichtigen Geschichte oder die von Larsson so liebevoll gezeichneten, pardon, geilen Figuren sowie die gewitzen Sprüche bzw. Dialoge wenigstens so gut wie möglich umzusetzen. Mikael Blomkvist etwa ist in der Verfilmung so unfassbar nicht mit Persönlichkeitseigenschaften versehen, dass man sich mehr als an den Kopf greifen muß vor lauter Ungläubigkeit. Blomkvist wirkt wie eine emotionslose Hülle und nicht wie der Mensch, als den ihn Larsson beschrieben hat. Schwierig, einen Film gut zu finden, in dem der sympathische „Held“ nichtmal den Hauch eines Profils hat.

Kurioserweise funktioniert dieses unfassbare Wegstreichen von Buch-Qualitäten bei Lisbeth Salander besser. Einderseits weil Darstellerin Noomi Rapace von selbst enorm faszinierend und vielschichtig wirkt, andererseits weil Salander als wenig gezeichnete, rätselhafte Person einfach auch ganz gut durchgeht. Doch vieles geht auch bei ihr nicht, etwa, dass sie einfach so recherchiert und dann auch noch eigeninitiativ Blomkvist kontaktiert, das ist sowas von nicht diese Lisbeth aus dem Buch, dass es einfach nur enttäuschend ist. Es gäbe noch mehr dieser Details zu kritisieren, aber alleine der Gedanke an die Adaptionsverbrechen bereitet schon wieder Kopschmerzen.

Auf der Handlungsebene ist es ebenfalls schlimm. Kenner und Freunde dieses Buches, die darauf hoffen, dass sie eine liebevolle Adaption ansehen können, müssen sich ständig über Änderungen, Streichungen (okay, bei Verfilmungen solcher Schwarten ja immer zu erwarten), aber vor allem regelrechten Rodungen von Qualitäten des Buches ärgern. So gehen im Film trotz einer stattlichen Lauflänge von knapp 140 Minuten die Ermittlungen u.a. so schnell, das meiste wirkt so „problemlos“, dass Nichtkenner der Vorlage einem eigentlich extrem unspektakulären 08/15 Krimi begegnen, der nicht den Hauch von den Schwierigkeiten, Dissonanzen und anderen genialen Eigenheiten widerspiegelt, welche die Geschichte von Larsson so besonders gestalteten. Der Regisseur versagt auf ganzer Linie, das vom Autor erdachte Universum zumindest im Geiste der Vorlage zu interpetieren und macht ein unglaublich hohles Aneinanderreihen von Ereignissen ohne Gefühl für das Wesentliche daraus.

Bei einer derart tollen Vorlage und einer Verfilmung abseits Hollywoods mit Überlänge durfte man sich einen vielleicht nicht in allen Belangen zufriedenstellenden, aber doch erfreulichen und aufregenden Film mit kultverdächtigen Typen, Sprüchen und Szenen erwarten. Doch es bleibt nur völlige Desillusionierung und die Erkenntnis, dass Herr Stieg Larsson ein Genie war, der werte Herr Oplev ihm da jedoch nichtmal im entferntesten das Wasser reichen kann. Ein paar für sich gelungene Szenen sind bei der Lauflänge und der Mega-Bestseller-Vorlage keine besonders lobenswerte Leistung, retten den Film aber immerhin vor einer (auch nie und nimmer erwartbaren) Totalkatastrophe.

Eines ist damit überraschend, aber klar: das demnächst anstehende Hollywood-Remake von David Fincher kann kaum schlechter geraten als dieser „originale“ Versuch.

3. August 2011

Hævnen (Susanne Bier) 8,34




Komplex aufgebaute Geschichte um Verlust, Seelenschmerz, Vorwürfe und vor allem Gewalt. Der Film kreist ständig um die Frage, wie man mit Provokationen umgeht und wie man sich mitten in einer Gewaltspirale verhalten soll oder kann. Hauptfigur im verstrickten Personenkarusell ist so gesehen der Arzt Anton, der seinen Jungen stets vorleben will, dass Gewalt keine Lösung ist, selbst jedoch mehrmals in dieser Hinsicht hart auf die Probe gestellt wird.

Ein weiteres Zentrum des Films ist auch das "Schlachtfeld" Schule. Die Freundschaft des gemobbten Elias und des innerlich stark gebeutelten, nach außen toughen (psychopathischen? gewaltbereiten?) Christian hat stets beunruhigende Züge, obwohl sie doch den beiden gleichzeitig Halt gibt in einer schwierigen Zeit in einer herben, Schicksalsschläge austeilenden Welt.

Der Film, von Bier manchmal ein bisschen zu pseudobildgewaltig inszeniert, und von Dänen-Drehbuch-Zampano Anders Thomas Jensen gemeinsam mit Bier geschrieben, ist hervorragend gespielt und sehr geschickt aufgebaut. Grundsätzlich verhandelt er ähnliche Themen wie vor kurzem der ebenfalls mitreißende Ajami, doch das kühle Dänen-Umfeld unterscheidet sich deutlich vom hitzigen Tel Aviv, die Intensität wird mit etwas anderen Mitteln erreicht – manchmal spürt man das dogma-artige, typisch dänische Kino sehr deutlich.

Positiv an dem natürlich stark konstruierten Werk ist auch, dass nicht alle Stränge krampfhaft zusammengeführt werden müssen, sondern auch mal Dinge nebeneinander stehen können, wodurch In einer besseren Welt enorm spannend und kaum vorhersehbar geraten ist. Die moralischen Dilemmata, die der Film thematisiert, kennt man zum Teil schon (spätestens aus jeder Ärzteserie seit Emergency Room), zum Teil vermögen sie die Auseinandersetzung mit dem eigenen Gewissen enorm zu fordern (wie verhalte ich mich – ob als Schüler oder als Eltern – bei gewalttätigem Mobbing in der Schule?)

Das positive Ende kommt vielleicht etwas überraschend, ist aber durchaus schön. Eine Art Happy End in einem düsteren Film, dessen Originaltitel schlicht Rache bedeutet und den man eher dramatisch enden vermutete, hat ja auch mal was.