24. Februar 2012

Kak ya provyol etim letom (Aleksei Popogrebsky) 7,39




Nur zwei Personen (und Funkstimmen) gibt es in "How i ended this summer", diesem „Kammerspiel“, das auf einer arktischen Insel angesiedelt ist, zwei Stunden dauert und trotz mancher Länge fasziniert. Mit seinem beeindruckenden Setting und der ebenso gelungenen Kameraarbeit hätte der Film natürlich ins Kino gehört. Trotz des recht ruhigen Stils ist „Kontemplationsgefahr“ nicht gegeben, die Gestaltung auch offen für den Einsatz von Musik oder Computerspielszenen.

Zwei Männer arbeiten in diesem arktischen Sommer in einer Wetterstation; der Alte (Sergei) ist etwas griesgrämig und der Junge (Pasha) versteht nicht wieso. Mit Pasha tappt auch das Publikum etwas im Dunkeln, was hier abseits der täglichen Wissenschafts-Routine so vor sich geht. Für Spannung und Dramatik sorgen geschickte Wendungen: nach einer halben Stunde ändert sich die Situation des zusammengespannten Paares mit der Nachricht des Todes von Sergeis Familie und einer unglücklichen Entscheidung Pashas (ihm das zu verheimlichen); die Lage wird plötzlich ungemütlich, die schon vorher nicht allzu freundschaftliche Beziehung der beiden wird zu etwas Bedrohlichem transformiert und der an sich ruhige Film gewinnt an Dynamik.

Es gibt noch ein-zwei solcher dramatischen Momente, die die Richtung etwas ändern; gegen Ende kommt das dann auch schon mal an der Grenze zum Blöden daher, bleibt aber interessant. Bis zum auf den ersten Blick etwas mageren, etwas unbefriedigenden, aber vielleicht auch nur positiv ungewöhnlichen Abschluss ist an Mein Sommer mit Sergei (dt. TV-Titel) vor allem faszinierend, dass es hier nicht bloß um ein sich zum Thriller entwickelndes Duell zweier ungewöhnlicher Männer geht – die immer wieder auftretenden Momente, in denen die beiden zusammen arbeiten, essen oder entspannen, Momente, die eine Ahnung von Respekt und Freundschaft geben, obwohl sich die beiden kaum je gut verstehen, verleihen diesem Werk eine irritierende Schönheit.

22. Februar 2012

Margin Call (J.C. Chandor) 8,25




So etwas wie der Social Network des Jahres 2011: schnörkelloses Hollywoodkino, das ganz ohne übertriebene Figuren oder Drehbuchwendungen alleine durch gute SchauspielerInnen und gutes Drehbuch spannend bleibt. Autor/Regisseur Chandor kennt sich mit Banken gut aus, das Publikum vielleicht nicht so; ist aber egal, denn die „explain it in english“-Sprüche der hohen Tiere, die von den Details selbst keine Ahnung haben, erzielen analytisch-grotesk-köstliche Wirkung und sind vielleicht sogar realitätsnah.

Dies ist keine komplexe Analyse der Finanzkrise (siehe Inside Job), sondern ist eher wie ein ruhiges Pendant zu 24 als leicht konsumierbarer, aber nicht hohler Thriller konzipiert; der große Crash - eine ordentliche Katastrophe, ein riesengroßes Scheitern (das verheerende Folgen haben wird) bahnt sich ganz unaufgeregt, aber dennoch sehr dicht inszeniert an.

18. Februar 2012

Un homme qui crie (Mahamat-Saleh Haroun) 8,25




Der Bürgerkrieg tobt, doch im Nobel-Hotel mit Swimming Pool herrscht Ruhe, von den schrecklichen Kämpfen bekommt man nur übers Radio mit. Was mit der Entlassung eines alten Mannes - eines ehemaligen Champions - beginnt, wird dann zu einer Geschichte um seinen Sohn, der (auch selbst bald Vater) gewaltsam an die Front beordert wird bzw. schlussendlich wiederum um den Vater, der sich auf den Weg macht, um seinen Sohn da wieder rauszuholen.

In der angesprochenen Ruhe liegt die gegen Ende schmerzhafte Kraft des pazifistischen Films, in dem sich einige Parallelen zum vorherigen Film Harouns, Daratt beobachten lassen. In seinen Werken ist ein von Kriegen zermürbtes Afrika Schauplatz für „einfache“, universelle Geschichten (älterer Männer) vor allem über etwas, das man vielleicht als „menschliche Würde“ bezeichnen kann.

16. Februar 2012

Ein paar Kurzkommentare...



Gibier d'Elevage/"Der Fang" (Rithy Panh) 7,86


Die Geschichte einer Kriegsgefangenschaft, die Bewacher sind Kinder. Im Mittelpunkt steht ein junger Bursche, der blind dem neuen Regime folgt. Oft spielen die Kinder mit dem gefangenen amerikanischen Soldat, das Ende ist recht offen. Ein ruhiges, unspektakuläres, sehr „normal“, ohne jegliche Mätzchen gefilmtes Drama zum ewigen Thema Krieg, Regimeterror und Menschlichkeit.


The kids grow up/"Leben lernen" (Doug Block) 8,15

Doug Block (51 Birch Street) ist wieder da, wieder filmt er seine Familie und sich selbst, diesmal steht vor allem Tochter Lucy im Mittelpunkt, aber auch seine von Depressionen geplagte Frau. Der liebevolle Film ist eine Reflexion des Erwachenwerdens der eigenen Kinder und das Kreisen rund um den berüchtigten Tag, an dem die Kinder außer Haus sind und man als Paar wieder allein ist. Blocks Stil ist fast ein wenig naiv, aber dabei immer sympathisch. Auch wenn 90 Minuten sich für das alles auch mal ziehen, schaut man dem etwas zwanghaften Privat-Porträtisten gerne zu.


Mission Impossible - Ghost Protocol (Brad Bird) 8,19

Wenn man sich Trailer zu Filmen wie The Avengers oder Underworld XX in Erinnerung ruft, dann genießt man diesen perfekt gemachten Actionknaller gleich viel mehr. Ohne allzu überdrüber-cooles-total überzogenes Heldenkino zu sein, machen vor allem die Dubai-Szenen viel Spaß, aber auch im Kreml oder in Indien ist die Mischung aus Action und Witz top; manchmal sogar atemberaubend.


Rabbit Hole (John Cameron Mitchell) 6,64

Kühle Studie, zum Thema Verlust eines Familienmitglieds (die x-te!); die warme Musik kontrastiert die unterkühlte Stimmung, die Schauspieler überzeugen: es ist generell mehr so ein Schauspiel- als ein Regiefilm; eher konventionell, eher plätschernd, eher wenig packend: dann kommt plötzlich der Kniff mit dem Paralleluniversum und damit endlich mal eine eigene, seltsame, aber ganz interessante Note. Angenehm ist auch, wie der Film allzugroße Dramatisierungen umgeht und leise seine Geschichte zum vorläufigen, leise optimistischen Ende bringt.


Secrets of the tribe/"Die Yanomami" (José Padilha) 5,75

Doku über das kriminelle Verhalten von Anthropologen: formal nichts besonderes (talking heads), der Inhalt ist natürlich wichtig und auf bittere Weise erhellend; auch die Beschuldigten kommen zu Wort. Das Geplapper und Gestreite der Anthropologen ist aber auch eher ermüdend: am Ende deutet Padilha einen regelrechten Zirkus an, was die zuvor sehr ernste Beschäftigung mit dem Thema wiederum etwas relativiert. Der verstörendere Film zu sexuellem Missbrauch von Indios ist eindeutig The Genius and the boys.


Somos lo que hay/"Wir sind was wir sind" (Jorge Michel Grau) 7,37

Schnörkellos spannender kleiner Film mit einigen Drama-Parts, etwa den Reibereien in einer Familie nach dem Verlust des Vaters. Ohne besondere Erklärungen und ohne irgendwelche Sentimentalitäten gibt es diesen kurzen Ausschnitt aus einem dramatischen Tag dieser Famile zu sehen. Dabei geht es nicht gerade zimperlich zu. Diese Direktheit ist schon cool, Nachwirkung gibt es aber wenig. Durch sein spezielles Feeling aber sicher besser als viele andere “Genrebeiträge”.


Temple Grandin/"Du gehst nicht allein" (Mick Jackson) 7,60

Es geht fast hysterisch, modern inszeniert und kurzweilig, aber wenig aufregend los. Es ist immer ein Problem, wenn normale Menschen „Behinderte“ spielen, das wirkt so gekünstelt. Dennoch macht Claire Danes ihre Sache gut. Der Film wird mit der Zeit sympathischer, eine schöne „feel-good“-Biografie, was vor allem an den charmanten Kuhszenen bzw. diesem in Filmen selten gezeigten Tier-Setting liegt.


Nostalgia de la Luz (Patricio Guzmán) 8,20

Der Weltraum, was gibt es Schöneres? Der Film, ein Bilder- und Gedankenstrom, dann die Verknüpfung mit den vielen Leichen und Opfern des Pinochet-Regimes. Das ist berührend und spröde zugleich, manchmal auch großartig.


Lady Blue Shanghai (David Lynch) 5,30

Formal ist das teilweise schön, mit den verwackelten Digibildern, aber inhaltlich ein äußerst laues Lüfterl: oberflächlich-hohle Geistergeschichte mit einem Hauch Selbstzitat aus Mulholland Drive; ein völlig unbedeutender Werbefilm.


Orly (Angela Schanelec) 7,70

Menschen am Flughafen – Schicksale, Begegnungen, Gespräche, eine zarte Ahnung von Liebe auf den ersten Blick. Schanelec zeigt uns vier „Paare“ – zwei Unbekannte, Mutter und Sohn, ein „echtes Paar“ und eines, das wir nie zusammen sehen: gefälliges Minimalismus-Menschen-Kino.

15. Februar 2012

Tokyo Sonata (Kiyoshi Kurosawa) 8,22




Ein zunächst großartiger, typisch japanisch sehr präzise und ruhig inszenierter Film über Arbeitsverlust und das Leben an der Armutsgrenze. Nicht unähnlich dem französischen "Auszeit" sehen wir einen Familienvater, der mit seiner völlig überraschenden Kündigung überhaupt nicht umgehen kann und sie vor der Familie geheimzuhalten versucht. Leider forciert der sonstige Grusel- und Thrillerspezialist Kiyoshi Kurosawa gegen Ende zu sehr die Dramatik (u.a. mit einer Geiselnahme mit Zärtlichkeitsfaktor sowie einem spektakulären Unfall), was nicht so recht hineinpassen mag in den sonst so auf Lebensnähe vertrauenden Film, der nicht nur auf den Vater, sondern auf die ganze Familie fokussiert: die Frau, die in eine Identitäts- und Lebenskrise gerät, die beiden Söhne, die ihren Platz im Leben zu finden versuchen, sei es bei der amerikanischen Armee oder beim Klavierspielen: mit einem versöhnlichen Ende lässt Kurosawa sein nachdenkliches „Krisen“-drama sowohl hoffnungs- als auch stimmungsvoll ausklingen.

9. Februar 2012

Jane Eyre (Cary Fukunaga) 7,35




basierend auf einem Romanklassiker, den ich nicht kenne (genauso wie keine der zahlreichen Verfilmungen)

Regisseur Fukunaga hinterließ mit Sin Nombre einen guten Eindruck, und er versteht es auch hier wieder, das Publikum mit viel Kompetenz von Beginn an in den Bann der Geschichte der jungen Waisin zu ziehen. Sitzt man in der Originalversion, fällt es aber schon schwer, den sicher tollen Wortgefechten zu folgen; ob es nur daran liegt, dass sich der Film nach einer gewissen Laufzeit etwas zieht? Wenigstens überschlagen sich spät dann doch noch völlig unerwartet die Ereignisse…

Wie soll man so eine Literaturverfilmung bewerten, ohne sie historisch einordnen zu können: wurde es hier „besser“ gemacht als in bereits existierenden Verfilumgen? Lohnt es sich nicht ohnehin mehr, das Buch zu lesen? Was bleibt und beurteilt werden kann, ist eine gut gemachte und gespielte Romanze bzw. (hier doch eher oberflächliche) Entwicklungsgeschichte, deren letzte Szene von Fassbender schon sehr pathetisch und fast trashig gespielt ist.

8. Februar 2012

I come with the Rain (Trần Anh Hùng) 7,70




Verstörend beginnt es: was nach einer Art Polizeiübung aussieht, ist eine höchst unangenehme, für den von Josh Hartnett verkörperten Cop höchst traumatische Szene, deren Konsequenz zunächst noch nicht absehbar ist…

Was man danach zu sehen bekommt, ist eine Art Noir-Film um einen abgewrackten Cop, in schäbig aussehenden DV-Bildern gedreht. Hartnett nimmt man diese Rolle, diesen eigenartig-düsteren Film nicht gleich ab, aber es ist doch ganz nett zu sehen, wie ein eher mainstreamiger Star in einem derart massenuntauglichen Projekt agiert.

Während die im Hintergrund schlummernde Rückblende um die traumatische Erfahrung mit einem verstörenden Serienkiller (die ärgsten Szenen des Films lassen "Seven" wie einen harmlosen Familienfilm wirken) richtig reinhaut, ist die gegenwärtig angesiedelte Geschichte um einen verschwundenen jungen Mann und eine Hure, die von einem ultrabrutalen Hübsch-Gangster entführt wird, auch mal etwas zäh. Gegen Ende offenbart sich dann plötzlich eine Jesus-Geschichte(!), die fast schon grenzalbern ist: doch Hung ist auch ein visionärer Regisseur und kratzt die Kurve: er scheut keine extremen, abstoßenden Szenen und bleibt zugleich ungemein poetisch.

Schon mit Filmen wie Der Duft der grünen Papaya und vor allem Cyclo konnte Hung faszinieren; in Cyclo war übrigens eine der stärksten Szenen mit Radioheads Creep unterlegt, und auch in diesem Film kommen Radiohead (gleich dreimal) zum Einsatz, dazu auch stimmungsvoller Postrock von Godspeed You Black Emperor und Explosions in the Sky: teilweise wirkt das auch etwas forciert, schadet der Sympathie aber auch nicht.


I come with the rain ist soghaft und faszinierend, und wenn auch der letztliche Clou vielleicht etwas zuviel ist, die düster-schäbige Neo-Noir Atmosphäre ist eindrucksvoll; diese Kreaturen, die der Serienkiller (Elias Koteas schwankt in seiner Paraderolle als Psychopath zwischen mördercreepy und halt auch ein bisschen übertrieben) aus den Leichen(teilen) bastelt, werden einem wohl nie mehr aus dem Kopf gehen.

Es ist bewundernswert, wie arg der Film teilweise ist; daher auch nichts für die meisten, im Endeffekt auch nicht ganz so genial wie es sich zwischendurch anfühlt, aber ein trotz Schwächen und einer gewissen „B-Stimmung“ traumhaft eigenes Werk.

7. Februar 2012

Inside Job (Charles Ferguson) 8,10




Abgeklärt-ruhige Doku über das Entstehen der Finanzkrise und die vielen riesigen Blasen, die durch diese völlig entartet wirkenden Bank-Praktiken entstanden.

Das übliche „talking heads“-Konzept wird hier so umgesetzt, dass die Anzahl der Redner sowie jene der kurz angerissenen Player extrem hoch ist: eine notwendige Maßnahme, die die Komplexität eines solchen (hier im Film in den USA verwurzelten, aber globalen) Themas gut charakterisiert.

Der Film ist in der OV nicht immer so leicht zu verstehen und generell ist es sicher nicht einfach, zwei Stunden diesem Finanzkrimi zu folgen - doch man muß es ja auch nicht unbedingt am Stück ansehen. Fesselnd und erhellend ist das allemal.

6. Februar 2012

Hanna (Joe Wright) 4,80




Unkonventioneller Agentenfilm, der oft sehr cool inszeniert ist und daher auch vielversprechend scheint. Was eventuell witzig intendiert war, wie manche Nebenfiguren mit ziemlicher Sicherheit belegen, mutet aber leider auch (zu) trashig an. Joe Wright, zuletzt noch beeindruckend den Roman Atonement umsetzend, gelingt es nie abseits bemerkenswerter visuell-akustischer Qualität eine tiefergehende Spannung zu erzeugen; am Ende bleiben die melodramatischen Momente bzw. der Storyhintergrund nur seltsam losgelöst von der stylishen Oberfläche und wirken deshalb umso leerer. "Hanna" ist ein eigenartiger Film, der schon viele gute Momente hat, aber fast noch mehr blöde…

5. Februar 2012

Essential Killing (Jerzy Skolimowski) 7,45




Eine pure Survivalstudie vor dem Hintergrund des „war on terror“. Doch fast überraschend gibt es hier kaum Politisches, sondern dieses faszinierend radikale Animal von einem Film zeigt wirklich nicht mehr als einen Mann, der um seine Freiheit wie ein Tier kämpft: durchaus also mit Eintönigkeitspotential, allerdings auch sehr lässig, wie Gallo sich hier durchkämpft, -beißt, -tötet, -frisst und -saugt(!).

So etwas wie Menschlichkeit und Hilfe gibt es in so einer Welt nur von einer (hübschen, alleine im Wald lebenden, stummen? !) Frau - was auch immer uns das sagen soll...

3. Februar 2012

A dangerous method (David Cronenberg) 7,60




Cronenbergs (preisverdächtig bescheuert übersetzter) Freud-Film ist ein Film über Jung mit Viggo Mortensen als Freud in einer Nebenrolle. So eine spielt übrigens auch Vincent Cassel als triebgesteuerter Analytiker, der sich von Jung therapieren lässt bzw. ihn selbst therapieren will. Der Humor kommt nicht zu kurz und das tut dem im Grunde düsteren Drama um den Kampf zwischen Trieben und Unterdrückung auch gut. Wobei man natürlich auch konstatieren könnte, dass man aus diesem Stoff etwas Intensiveres machen hätte können (warum muß ich jetzt an den kürzlich verstorbenen madness-Maestro Ken Russell denken?).

Doch so, wie Cronenberg es gemacht hat, ist es, in dieser gesetzten Reife, auch sehr okay und streckenweise fesselnd. Knightleys Darstellung der hysterischen Neurose wirkt zu Beginn auch etwas an der Grenze zum selbstzweckhaften Overacting, doch sie macht das schon ganz gut. Die Differenzen zwischen Freud und Jung werden erst gegen Ende mehr zum Thema, leider klingt der Film parallel dazu etwas langatmig aus und die arge Dialoglastigkeit wird (allerdings erst) in diesen letzten Minuten etwas mühsam und uninspiriert. Insgesamt ist das alles nicht gefährlich, etwas dunkel und ziemlich gut.

2. Februar 2012

Genova (Michael Winterbottom) 7,34




Verluste von Familienmitgliedern sind derzeit immer wieder mal das zentrale Thema von Filmen (jüngst etwa auch bei The Descendants), und ähnlich wie in Pablo Traperos „Born and bred“ gibt es auch hier einen schrecklichen Autounfall zu Beginn und intensiven Verlustschmerz. Nach dem Tod der Mutter zieht der britische pater familias mit seinen beiden Töchtern (die eine in der Pubertät, die andere noch ganz Kind) nach Genua - eine Luftveränderung als möglicher Katalysator fürs Wieder-Zurechtfinden in einer so bedrückenden Situation…

Dieses Drama des vielseitigen Filmemachers fühlt sich an, als wäre er an null Vorgaben gebunden gewesen; er erzählt sehr frei, gefühlvoll und behutsam seine Geschichte – doch zugleich fehlt auch ein wenig das Dringliche, und ein bisschen plätschern, vielleicht sogar ein undefinierbarer Hauch von Belanglosigkeit ist stets zu spüren.

Vielleicht sah Winterbottom das auch so und baute gegen Ende etwas seltsam anmutenden Suspense ein: das Spiel mit den Ängsten des Vaters um weitere Verluste ist interessant, manches wirkt aber in diesen Momenten ein wenig aufgesetzt.