2. Juni 2012

Polisse (Maïwenn) 7,48



Nach dem überwältigenden Pardonnez-moi gingen die Erwartungen für Maïwenns neuen Film (dazwischen liegt auch noch der bislang unveröffentlichte Le bal des actrices!) hoch – und mit Andeutungen von filmischer Radikalität beginnt es auch gleich – missbrauchte Kinder werden einvernommen, in ziemlich einschlägigen Dialogen geht es sofort gehörig zur Sache. 

In Poliezei gibt es sowohl tolle, als auch weniger gelungene Aspekte. Maïwenn liegen missbrauchte Kinder offensichtlich sehr am Herzen, und sie hält sich nicht zurück mit Drastik - intensive Szenen kreiert sie hervorragend. Zu denen zählen auch Spannungen und richtige Explosionen im Polizei-Team, alle gespielt von aus den letzten Jahren des jungen französischen Kinos, z.B. bei Mia Hansen-Love oder Valerie Donzelli, bekannten Gesichtern. 

Der Film ist konsequent in kleine Häppchen aufgebaut – sowohl von den von Gewalt betroffenen Familien als auch von den ungefähr 12-15 Teammitgliedern gibt es immer nur kurze Einblicke in deren Leben und Geschichten zu sehen und manches bleibt am Ende völlig unaufgelöst; dies kann man als spannende Herangehensweise oder auch als Schwäche des Films interpretieren: letztlich torpediert diese Struktur selbst ein wenig die Absichten Maïwenns und die Möglichkeit intensiver Nachwirkung. Man geht eher etwas benommen aus dem Film, mit dem Eindruck viel Arges erfahren und erlebt, aber auch „bloß“ ein etwas unfokussiertes „Freak“-Panorama bzw. einen „all in“-Film gesehen zu haben, freilich auch versetzt mit einigen unvergesslich-einmaligen Szenen. Zudem betreibt Maïwenn mit der Vielzahl der höchst unterschiedlichen Polizei-Charaktere ein freches, subversives Spiel mit moralischen Aspekten. 

Polisse ist durchaus intensiv, das Anliegen im direkt-tabulosen Zugang zu den Themen Kindesmissbrauch und Jugendkriminalität höchst ehrenwert, dennoch bleibt im Vergleich zum deutlich intimeren, fokussierteren Pardonnez-moi auch das Gefühl, dass die Dinge hier etwas aus dem Ruder gelaufen sind. Nichtsdestotrotz ist dieses Kino der jungen Französin immer noch höchst aufregend, außergewöhnlich, drastisch und spannend.

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