8. Juni 2010

Un prophète (Jacques Audiard) 8,09




Das betont schmutzige Gangster-/Gefängnis-Epos beeindruckt vor allem in der famosen ersten halben Stunde. Wie der junge Malik ohne Vorgeschichte dem Zuschauer buchstäblich vor die Nase gesetzt und selbst in die ungemein rauhe Knastwelt hineingeworfen wird und sich gleich mit einem mächtigen, ultraharten Boss konfrontiert sieht, der ihm einen mordsmäßig heftigen Job aufzwingt, zählt zum besten, was heuer im Kino zu sehen war. Nach diesem Initiationsritus lässt Audiard auf visueller und inhaltlicher Ebene etwas mehr Gelassenheit einkehren und es entwickelt sich ein immer recht faszinierender, aber insgesamt wieder eher konventioneller Genrefilm, immerhin einige Male von außergewöhnlichen Szenen durchbrochen.

Obwohl das Drehbuch noch einige kleine Überraschungen bereit hält und der Film kaum einmal in Gefahr läuft, in irgendeiner Form langweilig zu werden, stellen sich mit der Zeit einige Längen ein und die Manöver von Malik werden ein bisschen unübersichtlich; gegen Ende und beim Abschluß entfaltet der Film dagegen wieder diese vom Beginn bekannte, universelle und direkt bzw. vegetativ einwirkende Kraft und gerät beeindruckend.

Bei Ein Prophet geht es weder um den Fall noch um den gesamten Prozess des Aufstiegs, sondern schlicht um die Geburt eines Gangsters: eines jungen Burschen, der zu Schrecklichem gezwungen wurde und am Ende seiner Haftzeit das denkbar Beste (im unmoralischen Sinne) daraus gemacht hat. Jacques Audiard ist ein kraftvoller, intensiver, streckenweise schon herausragend inszenierter und gespielter Film gelungen, wenn auch als Ganzes kein absoluter Überfilm oder Meisterwerk. Vielleicht liegt es auch daran, dass Malik einerseits weder als Sympathieträger fungiert noch als charismatischer Antipathie-Provoker angelegt ist und man andererseits oder auch bedingt dadurch am Anfang vermutlich noch viel mehr mitfiebert als gegen Ende.

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