Der österreichische Filmemacher verwendet hier das gleiche dokumentarische Konzept wie bei seinem radikalen Landwirtschaftspanorama Unser täglich Brot – eine Abfolge von unkommentierten Tableaus zu einem bestimmten Thema, die zusammen ein Ganzes ergeben (sollen/können). Der Zuschauer kann sich in Ruhe ein Bild machen, ohne von gesprochener Information „geleitet“ zu werden. Geyrhalter befindet sich mit dieser Arbeitsweise unter den zeitgenössischen Dokumentarfilmern wohl eher in einer Außenseiterstellung: er will dem Publikum ein intensives Kinoerlebnis zur Verfügung stellen und es weniger mit einer Fülle von Informationen und politischen Botschaften eindecken. Was selbstverständlich nicht bedeutet, dass er auf diese Weise nicht auch etwas vermitteln möchte. Die vordergründige Subtilität wird durch nachdrücklich-sensorische Tiefe noch gestärkt.
Das Problem des vorliegenden, ordentlichen, auch unterhaltsamen Films ist nur leider, dass im Gegensatz zur angesprochenen atemberaubend verstörenden Landwirtschaftsdoku hier die meisten Eindrücke für sich stehen und nicht unbedingt ein Ganzes entstehen lassen: die Vielfalt nächtlicher Arbeit oder Freizeitbeschäftigungen bietet zusammengenommen dann doch wenig Raum für Erhellendes. Dennoch gelingt mit dem sicher sehr aufwendigen Projekt ein schöner abendlicher und nächtlicher Streifzug durch das heutige Europa, einem Kontinent zwischen Vergnügen und Überwachung, zwischen Geschäft und Abriegelung. Nachts arbeitenden Menschen zuzusehen oder bestimmte Abläufe und Vorgänge kennenzulernen kann auch ohne große Vision interessant sein, es herrscht aber nach dem Abspann schon ein wenig das Gefühl der Belanglosigkeit.
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