Ex Drummer (2007) 3,70
Der Film beginnt mit einer deutlich von Irreversible inspirierten Szene und Regisseur Mortier scheint auch irgendwie Gaspar Noés düster-nihilistischen, brutalen Geschichten nacheifern zu wollen. Der Ansatz, einen gebildeten, ultrazynischen Schriftsteller eine Art Sozialexperiment mit der abgefuckten Unterschicht zu veranstalten mag am Papier sehr reizvoll sein, doch dieses Potential wird nie genutzt: Anstelle von feinem Humor oder Satire ist der Tonfall stets plump vulgär und oberflächlich roh. Natürlich ist das manchmal durchaus beeindruckend umgesetzt, da gibt es sogar „poetische Momente“, auf der sensorischen Ebene, aber inhaltlich passt es gar nicht.
Gegen Ende gelingen Mortier sehr intensive Szenen, in denen Musik als Ausdruck von Gefühlen perfekt eingesetzt wird, doch die ganzen Arschlochfiguren haben kein Potential, die ausgestellte Schwulen- und Frauenfeindlichkeit, vielleicht auch eine generelle Menschenfeindlichkeit wird nie ironisch gebrochen, alles ist zu plump auf kontrovers und hardcore getrimmt, der Humor ist schwach.
Der finale Amoklauf weckt dann Erinnerungen an Filme von Christoph Schlingensief, doch Mortier bzw. der Vorlagengeber sind weit von dessen subversiver Genialität entfernt. Mortier kann phasenweise beeindruckend inszenieren, doch inhaltlich ist der Film bloß kompletter, eher unsympathischer Schmarrn.
51 Birch Street (2005) 8,31
Es scheint in den letzten Jahren ein kleiner Trend unter Dokumentarfilmern zu sein, das eigene Leben bzw. jenes der Familie in den Mittelpunkt der eigenen Arbeit und für ein öffentliches Publikum bereit zu stellen. Wer diese kleine Welle begann, ist mir nicht genau bekannt, gut möglich aber, dass Doug Block mit diesem Film (auch Jonathan Caouettes außergewöhnlicher Tarnation ist ein ähnlicher, aber noch viel experimentellerer Kandidat) dafür verantowrtlich sind. Aus dem deutschsprachigen Raum fanden auf diesen Blog ja bereits Vertreter dieser selbstreflektierenden Welle: Mein halbes Leben und alias (der rückblickend sogar sehr offensichtlich Szenen und Ideen aus 51 Birch Street übernommen hat).
Doug Block filmt hier seine Senioren-Eltern, er möchte eine Doku über sie drehen. Plötzlich stirbt die Mutter, ziemlich unerwartet und ziemlich rasch. Block hat die deutlich größere Bezugsperson verloren, mit seinem Vater hat er nämlich wenig gemein und in den vielen Jahren auch wenig gesprochen. Als der Vater kurz darauf wieder heiratet, beginnen sich die 3 Block-Geschwister zu fragen, wie glücklich die Ehe der Eltern denn eigentlich war. Sie entdecken Unmengen an Tagebuch-Material der Mutter und erfahren immer mehr – Unangenehmes.
Blocks persönliche Spurensuche zeichnet sich durch viel Gefühl, manchmal auch offen dargelegte Sentimentalität aus. In der Familiengeschichte können sich sicher viele Zuschauer wiedererkennen, sei es das schwierige Vater-Sohn-Verhältnis oder die ewigen Fragen um glückliches Eheleben, u.ä. Mag es zunächst so aussehen, als wäre der Film vor allem eine (sanfte) Abrechnung mit dem Vater, ist es eher ein gemeinsames Hinfinden zu einer späten Beziehung.
She Puppet (2001) 8,27
Dieses knapp 15-minütige Avantgardeprojekt ist unterhaltsam und kritisch-reflektierend zugleich: Szenen aus dem legendären Videospiel Tomb Raider mit seiner prominenten Heldin Lara Croft werden gezeigt, während dazu scheinbar gar nicht dazu passende Texte vorgelesen werden. Wenn man das Spiel vor vielen Jahren selbst gespielt hat, wenn man überhaupt irgendetwas mit Videospielen am Hut hat, sind sowohl diese vom Zahn der Zeit bereits völlig überholten Texturen als auch die Kampfszenen und Abläufe durchaus amüsant; doch Peggy Ahwesh legt den Fokus eindeutig auf den Tod: die unzähligen, schnell hintereinandergeschnittenen Szenen vom Ableben der Spielfigur stimmen gleichzeitig daher auch nachdenklich: Ob nun aus Empathiegründen für eine fiktive Figur, die eigene Aktionen umsetzt, oder weil man medienreflektierend gekitzelt wird, könnte unbewusst bleiben.
Was wir sehen ist die fragwürdig hero- und ikonisierte „Puppe“ Lara Croft, was wir hören sind jedoch philosophierende, nachdenkliche (nicht immer gleich nachvollziehbare) Texte einer intelligent klingenden Frauenstimme. Man muß dieses aufregende Experiment wohl öfter als einmal ansehen, um mehr zu begreifen, doch auch schon ein einmaliger Kontakt lohnt aufgrund der ungewöhnlichen Herangehensweise.
Der Film beginnt mit einer deutlich von Irreversible inspirierten Szene und Regisseur Mortier scheint auch irgendwie Gaspar Noés düster-nihilistischen, brutalen Geschichten nacheifern zu wollen. Der Ansatz, einen gebildeten, ultrazynischen Schriftsteller eine Art Sozialexperiment mit der abgefuckten Unterschicht zu veranstalten mag am Papier sehr reizvoll sein, doch dieses Potential wird nie genutzt: Anstelle von feinem Humor oder Satire ist der Tonfall stets plump vulgär und oberflächlich roh. Natürlich ist das manchmal durchaus beeindruckend umgesetzt, da gibt es sogar „poetische Momente“, auf der sensorischen Ebene, aber inhaltlich passt es gar nicht.
Gegen Ende gelingen Mortier sehr intensive Szenen, in denen Musik als Ausdruck von Gefühlen perfekt eingesetzt wird, doch die ganzen Arschlochfiguren haben kein Potential, die ausgestellte Schwulen- und Frauenfeindlichkeit, vielleicht auch eine generelle Menschenfeindlichkeit wird nie ironisch gebrochen, alles ist zu plump auf kontrovers und hardcore getrimmt, der Humor ist schwach.
Der finale Amoklauf weckt dann Erinnerungen an Filme von Christoph Schlingensief, doch Mortier bzw. der Vorlagengeber sind weit von dessen subversiver Genialität entfernt. Mortier kann phasenweise beeindruckend inszenieren, doch inhaltlich ist der Film bloß kompletter, eher unsympathischer Schmarrn.
51 Birch Street (2005) 8,31
Es scheint in den letzten Jahren ein kleiner Trend unter Dokumentarfilmern zu sein, das eigene Leben bzw. jenes der Familie in den Mittelpunkt der eigenen Arbeit und für ein öffentliches Publikum bereit zu stellen. Wer diese kleine Welle begann, ist mir nicht genau bekannt, gut möglich aber, dass Doug Block mit diesem Film (auch Jonathan Caouettes außergewöhnlicher Tarnation ist ein ähnlicher, aber noch viel experimentellerer Kandidat) dafür verantowrtlich sind. Aus dem deutschsprachigen Raum fanden auf diesen Blog ja bereits Vertreter dieser selbstreflektierenden Welle: Mein halbes Leben und alias (der rückblickend sogar sehr offensichtlich Szenen und Ideen aus 51 Birch Street übernommen hat).
Doug Block filmt hier seine Senioren-Eltern, er möchte eine Doku über sie drehen. Plötzlich stirbt die Mutter, ziemlich unerwartet und ziemlich rasch. Block hat die deutlich größere Bezugsperson verloren, mit seinem Vater hat er nämlich wenig gemein und in den vielen Jahren auch wenig gesprochen. Als der Vater kurz darauf wieder heiratet, beginnen sich die 3 Block-Geschwister zu fragen, wie glücklich die Ehe der Eltern denn eigentlich war. Sie entdecken Unmengen an Tagebuch-Material der Mutter und erfahren immer mehr – Unangenehmes.
Blocks persönliche Spurensuche zeichnet sich durch viel Gefühl, manchmal auch offen dargelegte Sentimentalität aus. In der Familiengeschichte können sich sicher viele Zuschauer wiedererkennen, sei es das schwierige Vater-Sohn-Verhältnis oder die ewigen Fragen um glückliches Eheleben, u.ä. Mag es zunächst so aussehen, als wäre der Film vor allem eine (sanfte) Abrechnung mit dem Vater, ist es eher ein gemeinsames Hinfinden zu einer späten Beziehung.
She Puppet (2001) 8,27
Dieses knapp 15-minütige Avantgardeprojekt ist unterhaltsam und kritisch-reflektierend zugleich: Szenen aus dem legendären Videospiel Tomb Raider mit seiner prominenten Heldin Lara Croft werden gezeigt, während dazu scheinbar gar nicht dazu passende Texte vorgelesen werden. Wenn man das Spiel vor vielen Jahren selbst gespielt hat, wenn man überhaupt irgendetwas mit Videospielen am Hut hat, sind sowohl diese vom Zahn der Zeit bereits völlig überholten Texturen als auch die Kampfszenen und Abläufe durchaus amüsant; doch Peggy Ahwesh legt den Fokus eindeutig auf den Tod: die unzähligen, schnell hintereinandergeschnittenen Szenen vom Ableben der Spielfigur stimmen gleichzeitig daher auch nachdenklich: Ob nun aus Empathiegründen für eine fiktive Figur, die eigene Aktionen umsetzt, oder weil man medienreflektierend gekitzelt wird, könnte unbewusst bleiben.
Was wir sehen ist die fragwürdig hero- und ikonisierte „Puppe“ Lara Croft, was wir hören sind jedoch philosophierende, nachdenkliche (nicht immer gleich nachvollziehbare) Texte einer intelligent klingenden Frauenstimme. Man muß dieses aufregende Experiment wohl öfter als einmal ansehen, um mehr zu begreifen, doch auch schon ein einmaliger Kontakt lohnt aufgrund der ungewöhnlichen Herangehensweise.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen