31. Januar 2010

Faustrecht (Bernard Weber) 8,0

Wieder eine Doku, und zwar ganz einfach eine nüchterne TV-Reportage über zwei Jugendliche mit großer Gewaltbereitschaft und -aktivität, die in der Zwangstherapie bzw. in ihrem Privatleben über zwei Jahre begleitet werden. Einem sehr heißen Gegenwartsthema wird hier durch Tim und Gibran ein menschliches Gesicht verliehen.

Einblicke in die therapeutische Arbeit, offene und ehrliche Aussagen der beiden Schläger, teilweise dramatische Wendungen in ihrem Leben, aber auch positive Signale - das waren interessante 85 Minuten Sozialreportage ohne Sensationalismus. Nicht mehr und nicht weniger.


Demnächst stehen dann wieder mehr Spielfilme auf dem Programm...

29. Januar 2010

In the Shadow of the Moon (David Sington) 7,78

Dokufilm über Mondlandungen, vor allem natürlich die erste. Aufbau und Inszenierung sind konventionell, die Musik etwas pathetisch, aber das Thema ist ja auch larger than life.

Der Film wird vor allem durch die sympathischen Raumfahrer und ihre Kommentare getragen, darüberhinaus: wenn man (ja nicht zum ersten Mal) die Bilder der Erde vom Mond aus sieht und den Männern zuhört, die beschreiben, was das für ein unfassbares Gefühl ist; das ist schon (immer wieder) großartig.

27. Januar 2010

Adventureland (Greg Mottola) 8,7









Ein wunderschöner Film über die großen Abenteuer der Jugend wie:

die erste echte Liebe

den nervigen Sommerjob, der letztlich doch soviele wertvolle Erfahrungen mit sich bringt

oder einfach nur Alk, Hasch und Eiertritte vom schrägen Kumpel.


Mottolas Projekt, in den Hauptrollen fantastisch besetzt mit Jesse Eisenberg und Kristen Stewart ist vor allem herrlich sensibel, ähnelt in gewisser Weise auch Ang Lees ebenfalls als zart angelegtem "Junger Mann entwickelt sich weiter durch das Erlebnis eines außergewöhnlichen Sommers"-Film Taking Woodstock; ich wüsste gar nicht, welcher dieser beiden mir besser gefallen hat.

Manchmal genieße ich es, gar nicht allzuviel über einen Film zu schreiben, Adventureland ist definitiv so ein Fall; ein Werk, das man vor allem erspüren kann und das sich schlichtweg von vorne bis hinten schön und sympathisch anfühlt.

Deshalb schließe ich hier auch schon wieder mit der großen Empfehlung, sich Adventureland anzusehen und verweise nur noch auf einen guten Text von Christoph Huber, der die vielen Vorzüge des Abenteuerlandes ja bereits sehr treffend beschrieben hat bzw. weitere Infos zu diesem Projekt liefert.

26. Januar 2010

Crank - High Voltage (Mark Neveldine/Brian Taylor) 7,34




Wie der Vorgänger ist auch dieser Irrsinnstrip vor allem eine schwierige Frage an die eigene Moral: Kann man mit dieser Kombination aus pubertär-gewaltgeladenen Männerfantasien und niveaulosen Geschmacklosigkeiten noch und nöcher leben bzw. sich auch noch daran erfreuen?

Die Antwort fällt, obwohl oder vielleicht gerade weil Crank 2 noch x-mal bekloppter und sinnfreier wirkt als Teil 1, positiv aus, denn die absolut irren Kameraperspektiven und -fahrten sowie die extrem kompromisslose Umsetzung der abgedrehten Ideen ohne Ende, hat auf schräge Weise einen ganz eigenen Charme. Kann man den beiden Kindsköpfen wirklich böse sein, dass hier geölte Pumpguns sadistisch in Hintern gerammt oder sich an Seniorinnen gerieben wird, oder was wohl problematischer ist, Frauen ähnlich wie in bestimmten Hip-Hop Videos oder Pornos ausschließlich sexistisch dargestellt und gefilmt werden? Eine gute Kinderstube ist hier nicht mal ansatzweise zu finden, Neveldine und Taylor erscheinen selbst wie ihr Ganzkörper-Tourettler, indem sie völlig enthemmt wild drauf los filmen und noch wilder schneiden. Das hat teilweise etwas von Jackass oder einfachen Skatervideos, vor allem die Actionszenen sind grandios mitreißend: Crank High Voltage ist ein Vollgas-Starkstrom-Erlebnis der durchgeknallten Sorte und wird dadurch schon verdammt sehenswert. So doof, pubertär, nervig oder ärgerlich einem diverse Witze und Szenen auch erscheinen mögen, Neveldine und Taylor haben garantiert einen der bescheuertsten, aber wohl auch den elektrifizierendsten Film des letzten Jahres gedreht.

24. Januar 2010

Soul Kitchen (Fatih Akin) 7,75




Akins erste reinrassige Komödie funktioniert dank seiner typischen temperamentvollen Multikulti-Typen ähnlich gut wie seine anderen Filme, wobei das hervorragende Niveau seiner beiden vorherigen Spielfilm-Meisterwerke natürlich nicht erreicht wird, muss ja auch gar nicht.

Die Geschichte um die Verwandlung eines Imbisses in ein angesagtes Restaurant ist recht erfrischend umgesetzt, vor allem obligatorische Drehbucheckpunkte, wie die große Enttäuschung gegen Ende und dann wiederum Einbiegen in Richtung Happy End sind hier sehr charmant und originell gelöst. Die vielen verschiedenen Typen, oft alte Bekannte aus den Akin-Filmen, sind sowieso gelungen (Klischees spielen nur eine kleinere Rolle), die abwechslungsreiche Musik macht auch eine sehr gute Figur, dazu trägt Akins grundsätzlich recht flache Wohlfühlkomödie ebenso die rauen Grundzüge seiner vorherigen Filme und geht keine Kompromisse in Richtung Mainstreamanbiederung, o.ä. ein (es wird gesoffen, gekifft, geklaut, usw..).

Und weil Akin eh ein hervorragender Regisseur ist, der keine halben Sachen macht, sondern den Zuschauer stets mit viel Temperament in das eigene Film-Universum hineinziehen kann, ist Soul Kitchen ein rundum gelungener, sehr lässiger Gaumenschmaus geworden, genau richtig für einen locker-humorvollen Filmabend.

Einzig die Szene mit dem Aphrodisiakum und der strengen Finanzprüferin, die dann völlig abgeht, war etwas zu viel des Guten...

Gier (Dieter Wedel) 6,5

Dieser TV-Zweiteiler, beruhend auf wahren Begebenheiten, um einen Geldbetrüger im großen Stil, vermag vor allem im ersten Teil aufgrund der satirischen Ansätze auf die Geldgeilheit von den Reichen bis zu den "Normalos" und dem unglaublichen Bezug zur Realität zu überzeugen. Auch die diversen deutschen Schauspielhochkaräter sorgen für Laune, auch wenn manche Rollen recht klischeehaft und eindimensional sind, aber das stört nicht allzusehr, sondern unterstreicht eher den Humor des Films.

Etwas problematisch wird es dann im zweiten Teil, denn irgendwann werden die wiederholten Poolparties auch fad. Auch dass Männlein und Weiblein in der Clique munter die Partner durchwechseln, wirkt etwas zu sehr herbeigescriptet, kurz: im zweiten Teil hat die Geschichte dann doch ein paar Unnötigkeiten und Längen, das Duo Striesow und Tukur und deren Untergang sorgte aber für zwei nette Fernsehabende jenseits des gängigen (Kino-)Filmbetriebs.

22. Januar 2010

Mogari no Mori (Naomi Kawase) 8,15





Der Wald der Trauer erzählt vom Zu Ende gehen des Trauerprozesses zweier Menschen. Der greise Shigeki hat den Tod seiner Frau nach 33 Jahren noch immer nicht verkraftet und vegetiert in einem Seniorenheim dahin. Dort hat Machiko, eine junge Frau, gerade als Pflegerin zu arbeiten begonnen. Auch sie hat einen schrecklichen Verlust erlitten, ihr Kind ist tot (später im Film, in einer sehr wuchtigen, bewegenden Szene bekommt man eine Ahnung, wie das ungefähr passiert sein dürfte).

Kawases Film schildert ruhig und langsam die Annäherung der beiden, die Entwicklung einer Freundschaft, den Zusammenhalt und schließlich den gemeinsamen Ausflug in den titelgebenden Wald, in dem vor allem Shigeki hofft, endlich die quälenden Gedanken an seine lange verstorbene Frau niederlegen zu können. Doch auch für Machiko wird es einer sehr emotionale Reise...

Die erste Hälfte des Films, in der die Begegnung der beiden langsam wieder eine Art Lebensgefühl weckt, ist wunderschön; in der zweiten mag das Streichen durch den Wald vorübergehend etwas langwierig wirken, doch es sind hier vor allem einige kurze Szenen, die Kawase so eindringlich - einmal erschütternd, einmal sehr zart - umsetzt, welche diesen engagierten Trauerfilm in Größe dastehen lassen wie einen uralten, gewaltigen Baum, der ein Gefühl von Halt und Kraft vermittelt. Das Ende ist sehr bewegend, und mit dem Abspann gibt Kawase mit der Erklärung des Titelwortes noch eine kleine Botschaft mit - Abrundung einer ehrbaren, Hoffnung spendenden, liebevollen und auch meisterhaft inszenierten Arbeit.