Aus der Ich-Perspektive von Steven Russell (Jim Carrey) wird dieser Film von Beginn an erzählt. Der Zuschauer wird von einem Schwindler und Betrüger durch die Geschichte begleitet - nicht ausgeschlossen, dass man hier also auch selbst einmal hinters Licht geführt wird...
Ficarra und Requa, die vor ein paar Jahren den nett-bösen Bad Santa geschrieben hatten, begeistern mit ihrem auch stilistisch recht gefälligen Regiedebüt auf mehreren Ebenen. Zum einen ist ILYPM natürlich eine Komödie mit Jim Carrey, was Lacher ohnehin garantiert. Und der Humor ist hier zwar Carrey-typisch, aber auch durchaus eigen: eher schräge Situationskomik; gewitzte Montagen (das Highlight: der romantische Tanz im Knast); schwuler Sex, der unpeinlich auch mal recht herb dargestellt wird und auch wieder Lacher entlockt, ohne dass aber ein reaktionäres Lustigmachen über das Homosexuelle bedient wird, etc. Das alles wirkt frech, frisch und gefällt schonmal ziemlich.
Doch zusätzlich zur Komik in diesem Film treiben die beiden Autoren/Regisseure, verstärkt durch einen meisterlich spielenden Jim Carrey, durchgehend ein hintersinniges- und auch -listiges, am Ende gar unerhörtes (an Tabus kratzenden) Spiel mit dem Publikum, und vor allem verleihen sie dieser schwulen Komödie einen absolut tragischen Helden und damit einen mehr und mehr durscheinenden, traurigen Unterboden: Carreys Figur ist nämlich keine bloße Witzfigur, sondern ein psychopathologisch Getriebener; ein außergewöhnlicher, jedoch auch entsetzlich einsamer Mensch; ein notorischer Lügner und Betrüger, der offensichtlich nur in seiner bedingungslosen Liebe zu Phillip M. zutiefst ehrlich sein kann.
Es ist wirklich erstaunlich, wieviel Tiefe Ficarra und Requa in diesen (oberflächlich rezipiert ) "lustigen Schwulen-Film" packen. Bis zur letzten Einstellung fahren sie diese Linie, eine Einstellung, die gleichzeitig einen abschließenden Lacher entlockt, fröhlich wirkt und dennoch ist man sich schon kurz danach bewusst, dass es für jemanden wie Steven Russell kaum jemals ein glückliches Ende wird geben können...lobenswert, wie die beiden Filmemacher in einem nicht mehr als guten und, abgesehen vielleicht von einigen heftigen, großartigen Minuten, keinesfalls schweren Werk Tragik und Komik verweben.
I love you Phillip Morris ist zugleich Jim Carrey-Komödie (mit einem ultrasanften Ewan McGregor als Beiwagerl), Schwulenfarce und einer dieser anscheinend recht modernen Betrügerfilme (beruhend auf wahren Ereignissen), wie sie vor kurzem auch von Soderbergh oder Adolph gedreht wurden: das Tolle an dieser Version ist, dass kaum Melancholie herrrscht, sondern die Tragik der Schwindlerfigur nur sehr subtil transportiert wird, nach dem Motto: Im Kino lachen, danach grübeln. Der Film ist aus einem ähnlichen Holz geschnitzt wie etwa auch Kick-Ass: an einer Schnittstelle zwischen coolem, kurzweiligen Hollywood-Movie und leicht anarchischem Alternative-Geist entsteht mit Starpower etwas, das gleichermaßen sehr oberflächlich konsumierbar und dennoch nicht hohl ist. Diese Art von Filmen ist zwar nicht das ganz große Ding, macht aber mehrdeutig Spaß.
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