Es ist durchaus überraschend: War der Vorgänger, eine relativ(!) straighte Genre-Auftragsarbeit des großartigen Tsukamoto, die meiste Zeit enttäuschend und bis auf ein irres Finale trotz viel Knalligem ziemlich öde, ist Nightmare Detective 2 (der auch eigenständig sehr gut funktioniert) absolut empfehlenswert und hervorragend geworden, gerade weil er sich in fast allen Aspekten deutlich von Teil 1 unterscheidet. In jenem gab den Ton noch eine um zwar abgedrehte Aspekte erweiterte, im Grunde aber gängige Thrillerhandlung um die Polizei an, die einen durch Träume tötenden Killer jagte und sich dazu Unterstützung vom titelgebenden Alptraumdetektiv holte; einem jungen Mann, der in die Träume anderer eindringen und vermittelnd, wenn man so will, eingreifen kann, sich dabei aber selbst psychisch völlig zerrüttet.
In diesem zweiten Teil gibt es nun keine Polizei mehr, es gibt zu 99% nichtmal eine rational fassbare oder funktionierende Welt abseits der unheimlichen Träume, sondern fast alles spielt sich nur auf einer Alptraumebene, im Unterbewussten ab und selbst wenn die Charaktere wach sind, wähnt man sie in schrecklicher Umnachtung gefangen.
Traumabewältigung a la Tsukamoto – auf stilistischer Ebene sind das wie gewohnt irre wackelige und sich ineinander verschiebende Bilder, extreme Sogwirkung, die meiste Zeit einfach magisches Kino; inhaltlich behandelt der Film die Aufarbeitung von Kindheitstraumata, hier als Erzeuger tief sitzender, alles durchdringender und den Film dominierenden Angstgefühle.
Nightmare Detective 2 zählt, was noch nicht so schwierig scheint, vermutlich zu den besten Alptraumfilmen aller Zeiten, er ist viel mehr als üblicher Horror- oder Grusel, wobei er jedoch auch dahingehend sehr aufregend geraten ist. Was Tsukamotos Werk aber – wie so oft bei ihm – so außergewöhnlich (gut) macht, ist neben seiner halluzinierenden, selbst (gegenüber seinen extremsten Extremitäten wie etwa Tetsuo) bei angezogener Handbremse so wahnwitzigen Inszenierungskunst die tiefliegende, kompromisslose, aber auch sehr gefühlvolle, oft richtiggehend zärtliche Beschäftigung mit seinen traumatisierten Charakteren, die viel Leid durchleben müssen, bevor eine Erlösung in den Bereich des Möglichen gerät, wenn überhaupt.
Garantie gibt es dafür nämlich niemals, auch das macht Tsukamoto in diesem zum Glück im Unterschied zum öden, deutlich unpersönlicher und ziemlich seelenlos wirkenden ersten ND wieder viel intensiveren und vor allem intimeren Film klar: manche Seelenwunden sind zu tief eingebrannt, um außerhalb schlimmer Träume verarbeitet werden zu können. Diese Träume können irgendwann verschwinden, aber der Schmerz dennoch für immer bleiben – genauso wie die Erinnerung an diesen außergewöhnlichen Film mit seinem beeindruckend unspektakulären , traurig-intimen Ende.
Shinya Tsukamoto ist wieder ganz zurück auf seiner einzigartigen Spur – wahrlich ein traumhafter Alptraumfilmer.
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