1. April 2010

Alice in Wonderland (Tim Burton) 4,85




Am Anfang war die verschwommene Kindheitserinnerung an diese Zeichentrickfernsehserie. Der Fall ins Loch, die kuriosen Gestalten, das Kricketspiel, fliegende Teller, verrückte Frauen. Das und unzählige Verweise der Popkultur waren bis vor kurzem alles, was ich von Carrolls Klassiker kannte.

Dann las ich das Buch. Das sich unter anderem auch durch die zahlreichen Wortspiele definierte. Und durch seinen unaufgeregten, nicht allzu dramatischen, episodenhaften Nonsens. Es gibt da nicht wirklich eine sich aufbauende Spannung oder einen echten Showdown mit Auflösung, sondern als es dramatisch zu werden scheint, kehrt Alice einfach zurück und die Geschichte, die Carroll für Kinder (vor allem Mädchen?) geschrieben hatte, war vorbei, es blieb ein schöner Sommertag.

Obwohl ich das Buch im Alter von 30 Jahren und mit der Kenntnis der meisten Figuren nicht mehr allzu aufregend fand, gefällt mir Carrolls Arbeit in ihrer verrückten Kindlichkeit und den seltsamen Fantasien sehr gut. Das zweite Buch kenne ich nun nicht, von daher kann ich mir kein endgültiges Urteil über die Qualität von Burtons beide Geschichten vereinende Filmadaption erlauben. Aber was mir definitiv besser gefallen hätte als sein Film, wäre eine etwas weniger auf Handlung und vor allem viel weniger auf (mäßige) Düsternis und (mäßige) Spannung getrimmte Verfilmung gewesen. Vielleicht ein noch verspielterer und surrealerer Zugang, wie er leider nur in manchen Szenen (dann allerdings schon sehr schön umgesetzt) gewählt wurde.

Beim Ansehen dieses Films fühlte ich aber leider, bei aller Vorfreude auf ein schön verrücktes, von absurden Gestalten bevölkertes und vor abgedrehten Bildern sprühendes Märchen, die meiste Zeit einfach nur Leere und Emotionslosigkeit. Warum gab es z.B. sowenig Charme wie in den vielen Nonsense-Dia- und Monologen in Carrolls Vorlage? War es wirklich nötig, wegen Johnny Depps Screentime und Zuschauermagnetwirkung dem Hutmacher mehr Bedeutung beizumessen? Vielleicht ist der Verlauf gegen Ende des Films mit dem Endkampf gegen Jabberwocky ja auch dem zweiten Buch entsprechend, gefallen hat mir diese Pseudoepik aber keineswegs. Auch das 3-D war ziemlich für die Würste, generell ist der Hype um die Technik mittlerweile schon wieder eher ein Ärgernis als eine wirklich sinnvolle Kinoentwicklung.

Da ich bei weitem nicht der einzige Ernüchterte angesichts des neuesten Burton bin und einige Bekannte, Freunde und/oder Kritiker bereits sehr gute und vor allem mit mehr Materienkenntnis und mehr analytischen Qualitäten angereicherte Texte verfasst haben, verweise ich einfach mal auf ein paar von diesen. Kann im Grunde ihnen allen im Großen und Ganzen zustimmen:

Sieben Berge, Rajko, Christoph Huber, Vince, Thomas Groh

Burtons Alice in Wonderland ist kein absolut mieser Film, aber schon eine Enttäuschung und auch in Anbetracht der Frage nach dem Sinn einer weiteren Adaption eines bereits derart zu Tode erschöpften Stoffes sogar noch einen Tick schwächer als Gilliams gar nicht so unähnliche, auch schwache, aber wenigstens kreativere Imaginarium-Seltsamkeit.

1 Kommentar:

  1. Mich hat der Film von Anfang an nicht gereizt. All die Verrisse schienen meine Vorurteile zu bestätigen und deshalb wird Burtons Neuester auch erst im Heimkino geschaut.

    "Alice im Wunderland" fand ich schon als Kind nicht prickelnd, insofern kann ich deine beschränkte Begeisterung bezüglich der Lektüre mehr als nachvollziehen.

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