9. Januar 2010

Battle for Haditha (Nick Broomfield) 8,4


Kriegsfilme zählen ohnehin zu den heikelsten (gleichzeitig aber auch bewegendsten) Genres der Filmwelt, noch mehr jene Arbeiten, die Massaker an Zivilsten behandeln und solche Greueltaten mittels fiktiver Szenen auf die Leinwand bringen. Wenn es sich dann noch um brandaktuelle Ereignisse wie den Irak-Krieg bzw. die Tötungen irakischer Zivilisten in Haditha handelt, ist Kritik unvermeidlich. Noch dazu, wenn scheinbar kaum jemand weiß, was sich da genau abgespielt hat, ist ein Film, in welchem diese Vorfälle durch Mittel des Spannungs- und Emotionskinos publikumswirksam inszeniert werden, mit Vorsicht zu genießen.

Dennoch ist "Battle for Haditha" ein sehr gutes und lobenswertes Werk, wenn man sich nicht darauf aufhängt, dass hier streckenweise vielleicht etwas dick aufgetragen wird und die Marines extrem negativ dargestellt werden.

Broomfield, der großteils authentische Darsteller gecastet hat, bietet nämlich, wie schon aus dem treffenden Poster ersichtlich, verschiedenen Perspektiven seinen Platz, neben den US-Marines auf Seiten der Irakis sowohl den “Terroristen”, als auch den völlig friedlichen Zivilsten, welche letztlich aufgrund der unausweichlichen Gewaltspirale ihr Leben lassen müssen. Und dies ist der größte Pluspunkt in diesem schwierigen Projekt. Krieg war seit jeher schrecklich grausam, doch Broomfield zeigt durch das Einbeziehen der vielen Parteien, dass dieser Irakkrieg mitten unter den Zivilisten stattfindet, dass diese von einer Sekunde auf die andere vom normalen Leben, so man das überhaupt so nennen kann, mitten ins Gefecht, zwischen die Fronten geraten, er zeigt die Unsicherheit und Anspannung amerikanischer Soldaten, wer denn überhaupt Gefahr darstellt und daraus resultierende fatale Konsequenzen.

"Battle for Haditha" unterscheidet sich von De Palmas "Redacted" abseits stilistischer Aspekte vor allem darin, dass die ermordeten Zivilisten hier Opfer einer Kurzschlussreaktion von Soldaten werden, während es sich beim Massaker in Redacted um ein geplantes Verbrechen von offensichtlich antisozial gestörten, psychisch degenerierten Soldaten handelte, die scheinbar ohne negative Gefühle Unschuldige vergewaltigen und töten. In Haditha dagegen wird der verantwortliche Sergeant (er wird nach der Mission wegen seiner “guten Arbeit” gleich befördert, eine Szene, die man Bloomfield auch als etwas zu dick aufgetragen anrechnen könnte, die jedoch als zynischer Kommentar durchaus Berechtigung hat) nach den Morden von heftigen Gewissensbissen und Schuldgefühlen geplagt, was die vielschichtige Natur des Films widerspiegelt.

Zudem beendet Broomfield seine Arbeit mit einer geheimnisvollen Szene, die man entweder als Wunschvorstellung oder jedoch auch schlicht als die “andere Realität” interpretieren könnte, somit ließe sich der Film auch so lesen, dass dem Regisseur letztlich sehr bewusst ist, dass er die Wahrheit nicht kennen und nicht zeigen kann. Obwohl sich dann wiederum die Frage stellen ließe, warum dieses Werk denn überhaupt sein musste: Einen zornigen, anklagenden, aufwühlenden und höchst diskussionswürdigen Film hat er mit diesem Doku-Fiktions Bastard dennoch auf die Beine gestellt und das ist aller Ehren und gleichermaßen wie De Palmas Irakkriegs-Medien-Reflexion Redacted auch äußerst sehens-wert.

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