12. Dezember 2011

Les Chants de Mandrin (Rabah Ameur-Zaimeche) 8,18




Monsieur Rabah Ameur-Zaimeche, der mit Bled Number One einen der großartigsten Filme der letzten Jahre gedreht und mit Dernier Maquis auf hohem Niveau nachgelegt hat (beide thematisieren unter anderem kulturelle und religiöse Unterschiede und Konflikte – Zaimeche selbst ist ähnlich seinen Figuren im Spannungsfeld zwischen Algerien und Frankreich verwurzelt und zugegen), verblüfft mit seinem vierten Film:

Da verwundert es, zunächst einen Historienfilm zu sehen, der sich im Gegensatz zu den Vorgängern nicht nur von der Gegenwart und sämtlichen Kulturdifferenzen abzuwenden und zudem ziemlich straight scheint. Man versucht einige Zeit vielleicht, die subtilen Elemente zu entziffern, mit denen Zaimeche auf seine intelligente Art heiße politische und soziale Eisen der Gegenwart verhandeln könnte, doch man findet wenig. Was man findet ist, wie sich der fast schon wie George Clooney aussehende Charismatiker wieder einmal selbst, hier als Rebellen-Führer Belissard, inszeniert, sei es mit lässigem Blick oder herzlichem Lächeln. Der begnadete Filmemacher steht eben gern auch vor der Kamera und hat, wie jeder Gute, gerne die Kontrolle über sein Projekt, weshalb sein Historienfilm sich auch nie nach Megaproduktion anfühlt, was nur von Vorteil ist. Und mit Fortdauer birgt er dann doch einiges an interessanten Zwischentönen.

Zum Beispiel: Wenn ein edler Herr einen Schmuggler in seine Kutsche einlädt, weiß man nicht so genau, was hier gespielt wird, doch die Konversation scheint tatsächlich auf Augenhöhe geführt zu sein; vielleicht soll dies Respekt zeigen, egal in welcher gesellschaftlichen Schicht sich das Gegenüber befindet. Oder: Besteht die Rebellenbande, die man im Lauf des immer etwas undurchsichtigen Films kennenlernt, aus brutalen Widerständlern oder sind das vor allem gebildete Gentlemen? Mit solchen Fragen spielt der Regisseur hier gerne.

Der raue (Männer-)Film ist nicht leicht zugänglich, mag aber vermutlich Freunde von Historie mit einer unverkrampft „realistischen“ Atmospähre begeistern, vielleicht langweilt er auch zwischendurch etwas. Doch es geht mit der Zeit eine unterschwellige Faszination von ihm aus; es steckt vieles drin, was nicht immer leicht zu entziffern ist. Und hin und wieder scheint auch dieses enorm freie Filmemachen durch, das Zaimeche bei "Bled Number One" in vollendeter Weise verwirklicht hatte. Vor allem kennzeichnet den Film aber der revolutionäre Geist, und das allein wäre schon ein Grund, ihn zu mögen.

Ganz am Ende gibt es noch eine irritierende Einstellung, bei der man sich auch fragt, was der Sinn ist. Sollen wir doch niemandem trauen, soll man die politische Ebene auch bei positiver Zusammenarbeit immer kritisch im Auge behalten? Hier ist ein scharfsinniger und zugleich auch immer etwas verschmitzter Künstler am Werk.

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