4. August 2011

Män som hatar kvinnor (Niels Arden Oplev) 3,25




Anmerkung: Dieser schon vor längerer Zeit verfasste, unmittelbar emotionale Text bezieht sich auf die Kinoversion. Eventuell hätte die etwas längere TV-Fassung etwas besser abgeschnitten, der Ärger über das Gesehene musste aber dennoch raus.



Bitter, wie wenig in der Filmversion von Stieg Larssons faszinierend detailreichem Blomkvist/Salander-Krimi Männer, die Frauen hassen übrig geblieben ist. Und wieviel an Details hier sinnfrei verändert wurden, obwohl die Änderungen ja gar nichts an Qualität hinzufügen, sondern Kenner der Vorlage nur noch mehr verärgern.

Es ist die alte und immer wieder gleiche Leier: Ein derart umfangreiches Buch kann man fürs Kino kaum adäquat umsetzen. Doch andererseits wirkt dieser Film so, als hätte man sich nicht mal ansatzweise Mühe gegeben, um den Charme der vielschichtigen Geschichte oder die von Larsson so liebevoll gezeichneten, pardon, geilen Figuren sowie die gewitzen Sprüche bzw. Dialoge wenigstens so gut wie möglich umzusetzen. Mikael Blomkvist etwa ist in der Verfilmung so unfassbar nicht mit Persönlichkeitseigenschaften versehen, dass man sich mehr als an den Kopf greifen muß vor lauter Ungläubigkeit. Blomkvist wirkt wie eine emotionslose Hülle und nicht wie der Mensch, als den ihn Larsson beschrieben hat. Schwierig, einen Film gut zu finden, in dem der sympathische „Held“ nichtmal den Hauch eines Profils hat.

Kurioserweise funktioniert dieses unfassbare Wegstreichen von Buch-Qualitäten bei Lisbeth Salander besser. Einderseits weil Darstellerin Noomi Rapace von selbst enorm faszinierend und vielschichtig wirkt, andererseits weil Salander als wenig gezeichnete, rätselhafte Person einfach auch ganz gut durchgeht. Doch vieles geht auch bei ihr nicht, etwa, dass sie einfach so recherchiert und dann auch noch eigeninitiativ Blomkvist kontaktiert, das ist sowas von nicht diese Lisbeth aus dem Buch, dass es einfach nur enttäuschend ist. Es gäbe noch mehr dieser Details zu kritisieren, aber alleine der Gedanke an die Adaptionsverbrechen bereitet schon wieder Kopschmerzen.

Auf der Handlungsebene ist es ebenfalls schlimm. Kenner und Freunde dieses Buches, die darauf hoffen, dass sie eine liebevolle Adaption ansehen können, müssen sich ständig über Änderungen, Streichungen (okay, bei Verfilmungen solcher Schwarten ja immer zu erwarten), aber vor allem regelrechten Rodungen von Qualitäten des Buches ärgern. So gehen im Film trotz einer stattlichen Lauflänge von knapp 140 Minuten die Ermittlungen u.a. so schnell, das meiste wirkt so „problemlos“, dass Nichtkenner der Vorlage einem eigentlich extrem unspektakulären 08/15 Krimi begegnen, der nicht den Hauch von den Schwierigkeiten, Dissonanzen und anderen genialen Eigenheiten widerspiegelt, welche die Geschichte von Larsson so besonders gestalteten. Der Regisseur versagt auf ganzer Linie, das vom Autor erdachte Universum zumindest im Geiste der Vorlage zu interpetieren und macht ein unglaublich hohles Aneinanderreihen von Ereignissen ohne Gefühl für das Wesentliche daraus.

Bei einer derart tollen Vorlage und einer Verfilmung abseits Hollywoods mit Überlänge durfte man sich einen vielleicht nicht in allen Belangen zufriedenstellenden, aber doch erfreulichen und aufregenden Film mit kultverdächtigen Typen, Sprüchen und Szenen erwarten. Doch es bleibt nur völlige Desillusionierung und die Erkenntnis, dass Herr Stieg Larsson ein Genie war, der werte Herr Oplev ihm da jedoch nichtmal im entferntesten das Wasser reichen kann. Ein paar für sich gelungene Szenen sind bei der Lauflänge und der Mega-Bestseller-Vorlage keine besonders lobenswerte Leistung, retten den Film aber immerhin vor einer (auch nie und nimmer erwartbaren) Totalkatastrophe.

Eines ist damit überraschend, aber klar: das demnächst anstehende Hollywood-Remake von David Fincher kann kaum schlechter geraten als dieser „originale“ Versuch.

2 Kommentare:

  1. Weiß nicht, ob du dir mittlerweile die verlängerte Fassung angesehen hast - falls nicht: Sie ist ebenfalls maximal "Naja".

    Ganz grausige TV-Tristesse.
    Freue mich auf Fincher.

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  2. Ah, danke, dann muss ich es zum Glück nicht nachholen (was mich eh nicht interessiert hätte). ;)

    "Freuen" kann ich mich nicht wirklich, aber ich sollte mal die beiden anderen Bücher lesen. :)

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