26. September 2010

Un si long voyage (Stéphanie Lamorre) 8,15




Dokumentarische, un-aufgemotzte Version von Sin Nombre (ohne Gangs). Ganz einfache Leute, im Fokus eine Familie aus Ecuador, beschreiten hier den langen Weg der Hoffnung, die beschwerliche Reise ins gelobte (mehr verdienen) Land USA. Zunächst bricht der pater familias auf, doch als er unterwegs recht bald erwischt wird und ihm Gefängnis droht, probiert es die Mutter (was scheinbar eher ungewöhnlich – und für die Kinder natürlich schrecklich - ist). Die Regisseurin Lamorre bleibt mit ihrer (versteckten?) Kamera stets hautnah dabei.

Diese quälend anstrengende und gefährliche Reise derart mitzuerleben, ist teilweise sehr intensiv, und am Ende des Films nimmt die Geschichte sozusagen eine überraschende Wendung; Denkprozesse über die Sinnhaftigkeit des Auswanderns, auch im Verhältnis zum Aufgeben des Familienglücks, werden bei den Protagonisten und den Zuschauern angeregt. Somit stellt diese Dokumentation nicht nur eine Verbindung zum angesprochenen, dramatisierten mexikanischen Kinoerfolg, sondern auch eine zur turbulenten kasachischen Wüstengeschichte Tulpan her: Jener Film liefert schließlich einen warmherzigen Gegenentwurf zur Flucht und gar ein Loblied auf die Einöde sowie das Leben in finanzieller Armut. Wie naiv oder weise dieser Ansatz sein mag, das steht zur Diskussion.

25 Kommentare:

  1. Paul, Du Arsch.
    Juliet ist in "Lost" doch noch melodramatisch verreckt. Dabei hast Du mir was ganz anderes damals suggeriert ;)

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  2. So, Freund der Blasmusik, ich hoffe für dich, du sprichst von Folge 1-2, sonst muß ich dir noch ganz was anderes suggerieren! Habe nämlich noch immer nicht weitergeschaut.. :/

    Wie auch immer, herrlicher Kommentar zum Film! :)

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  3. Ja, das Kommentarfeld dieses Filmes habe ich jetzt vergewaltigt. Ich war zu faul, mich durchs Archiv zu wühlen. Tut mir aber eigentlich auch gar nicht leid. Du besprichst mir einfach zuviele Portweinfilme, wie Kenzie sagen würde. Die kenne ich alle nicht.

    Ach, weiter biste mit Lost auch noch nicht? Dann weißt Du also noch gar nicht, dass Uwe Boll Jacob ist?

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  4. Nein, aber "Lost in Auschwitz" könnte ich mir gut vorstellen. ;)

    Gibt es denn etwas, das besser schmeckt als Portwein?

    Eben.

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  5. Bier. Ich hab bsp. neulich "American Pie 4 & 5" gesehen. Darüber könnten wir reden.

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  6. Bitte, fang du an!

    Übrigens, nur 3 Punkte für den hervorragenden Haus der 1000 Leichen, wie kommt denn das zustande? :-0

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  7. Du müsstest mal wieder öfter "im Nabel der Welt, Hauptsitz in Berlin mit Zweigstellen in verschiedenen Kuhkäffchen und im Ausland" vorbeischauen. Dort hatten wir das Thema vor kurzem:

    Ich zu jemandem, der Rajko heißt: Was gibt's eigentlich bei Zombies 1000 Corpses abzufeiern? Das Ding ist ja mal komplett gegen den Baum gefahren. Aber sowas von.

    Rajko: überhaupt nicht. das ist absolute avantgarde. ein juwel. ein flickenteppich aus stil- und formverspieltheit. klare 9/10.

    Ich: Wohl eher ein zu lange geratenes, auf NBK-machendes, aber dabei völlig peinliches, weil strunzig zusammengeflicktes marilyn-manson-mtv-"shock rock"-video. klare 3/10 - für Sheri Moons Arsch.

    Rajko: mit deiner argumentation müsste man auch das formverspielte new yorker undergoundkino in den boden stampfen. oder kenneth anger.

    Ich: Formverspielt, was ist das schon? Reicht's, wenn ich dafür in meinem Tuschkasten rumpantsche? Stilwillen will ich ihm ja nicht absprechen, aber diese ganzen Montagen waren alle so billig und trashig. Der ganze Film hatte überhaupt kein Timing, hat auf mich absolut keine Wirkung hinterlassen.

    Rajko: die montage ist eine hommage ans ECHTE grindhouse-kino, das zombie hier sowieso viel mehr ehrt als diese lächerlichen vollidioten rodriguez und tarantino

    Ich: Soso.

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  8. Großartig, danke fürs Nachtippen! :) Da muß ich echt dringend mal wieder vorbeischauen, das ist eh klar!

    Du sprichst den Schock an...gerade das Verstörende, sicher um jeden Preis Bizarre, aber dabei immer noch recht "authentisch" und gleichzeitig immer auch ein bisschen ironisch, aber eben bei weitem nicht so leicht verdaulich wie z.B. bei Rodriguez, Rüberkommende, hat mir bei diesem Film schwer imponiert.

    Das Eine oder andere fand ich auch misslungen, aber als Gesamtwerk fand ich das schon schwer beeindruckend und einfach herrlich "krank", ohne große Kompromisse. Selten gesehen, sowas.

    Aber gut, so ähnlich wie du bei dem wohl empfindest, erging es mir bei Asia Argentos "The Heart is deceitful above all things". Da wird auch bis zum Erbrechen im Stilbaukasten rumgepantscht und das fand ich einfach nur zum Kotzen. Dort wird aber auch mehr Tiefgang probiert als beim eh ultraflachen, aber spaßig wahnsinnigen Ho1000C.

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  9. P.S. Jetzt versteh ich erst, was du gemeint hast, wo ich vorbeischauen soll, hatte zunächst einfach nur "Berlin" gelesen. LOL

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  10. Lol... bei beiden Orten sollteste dringend mal wieder vorbeischauen.

    Was Rajko mit Tarantino und Rodriguez meint, weiß ich allerdings nicht; kann das irgendwie für "1000 Corpses" nicht einordnen. Falls Ihr/Du Eli Roths Fabrikate meint - okay, aber das meiste von dem find ich ja auch scheiße ;)

    Mag auch sein, dass ich bei "1000 Corpses" gerade schlecht geschissen hatte, aber gerade weil das alles auf mich peinlich videoclipmäßig montiert wirkte, hatte es auf mich, wie gesagt, absolut keine Wirkung außer Langeweile. Als vierminütge Geisterbahn funktioniert es, aber nicht als kompletter Horrorparkbesuch. Krank war es, ja okay, aber - für mich - nicht intensiv, nicht schockierend, nicht verstörend. In irgendeiner Presseschau bezeichnete irgendein Kritiker das als langweiligsten Horrofilm, den er je gesehen hat. Unterschreib ich. Bei "The Devil Rejects" war es dann anders: da hat Zombie eine andere Wirkung erzielt, meiner Meinung nach weil er da gerade nicht mit wirren Montagen, Verfremdungen rumhampelte.

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  11. Im Gegensatz zu Herrn B. schätze ich Rodriguez und Tarantino sehr, aber den Vergleich finde ich schon angebracht. Sind doch alle 3 Genre-"Hommager", die altbekannte Elemente verwursten und gekonnt aufpeppen.

    Ich finde deine Begründungen sehr schlüssig und kann mich da sehr gut bei anderen Filmen erkennen, aber Zombie hat da halt in meinen Augen bei dem Film schon viel richtig gemacht. Mich hat der durchaus gepackt, vor allem mit fortlaufender Laufzeit immer mehr.

    Aber es ist ja oft so: auch bei Blair Witch Projct gibt es ja einige, die meinen, der Film wäre ultralangweilig und kaum verstörend...ist spannend, wie das gleiche Produkt (trotz psychologisch-filmischer Manipulationen) eben doch nicht alle erreicht. :)

    TDR fand ich wiederum schwächer, aber keine Ahnung mehr wieso. ;)

    Halloween II wird übrigens in diesem Blog sicher auch irgendwann mal besprochen, aber ich kenn noch nichtmal den ersten...

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  12. Dieser Kommentar wurde vom Autor entfernt.

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  13. Wobei es schon noch eine Rolle spielt meiner Meinung nach, welches Genre auf welche Weise hommagisiert wird. Ich find das schwer vergleichbar dieses selbstreferentielle, augenzwinkernde Kino einerseits und das grimmige, auf eine DePalma'sche Art verehrende Zombie-Kino andererseits.

    Sein "Halloween" ist vielleicht der kompromissloseste Myers-Film, weniger als Suspense- (Myers schleicht im Hintergrund irgendwo rum und schlägt dann zu), sondern als atemloser, bulliger Terrorfilm konzipiert. Nur die dramaturgische Inkonsequenz der beiden Hälften ist sehr irritierend. Teil 2 habe ich auch noch nicht gesehen.

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  14. Sicher gibt es auch Unterschiede, sind aber schon alle 3 sehr postmodern arbeitende (oder geprägte, wie auch immer) Filmemacher, zumindest so wie ich das sehe. Und ein Augenzwinkern erkenne ich bei dem Haus der.. schon auch, nur eben wie du sagst: extrem grimmig und kaum massenkompatibel verpackt.

    So ein Film wird halt vom Mainstream natürlich viel weniger angenommen als ein Tarantino. Natürlich einerseits, weil Zombie von dessen Klasse schon deutlich entfernt zu sein scheint, aber eben auch, weil es dann doch "zu extrem" und schwer verdaulich ist. Aber deshalb sehe ich da nicht weniger Augenzwinkern..

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  15. und btw, wo wir jetzt diesen vorgestellten Film so vergewaltigt haben, extra nochmal für Kenzie und dich das Zitat von Raoul Peck: "Es gibt in Europa ein Desinteresse an Politik, an Dritter Welt, man will kein Elend mehr sehen.“

    Scheint er nicht Recht zu haben...wenn du dir doch tatsächlich American Pie 4 und 5 anschaust. :)

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  16. Für mein Desinteresse sind u.a. diese Heuchel-Dokus/Filme verantwortlich: "Hier, guckt mal, ich dreh' eine Doku über Afrika, ich zeig Euch KZ-dürre Kinder, die in Abfallseen nach ihrer täglichen Mahlzeit tauchen. Ja, guckt, das ist Afrika... Und weil ich Euch das jetzt gezeigt habe, bin ich voll der gute Mensch, der auf die Probleme aufmerksam macht... Gespendet? Ich? Ja natürlich, zu Weihnachten habe ich meine ausgelatschten Adidas in den Altkleidercontainer geworfen."

    Jetzt reite mal nicht auf AP 4 + 5 rum. Das sind eher Stressabbaugoutierungen. Denn ich hab tagsüber derzeit genug Kopflast bei meiner Diplomarbeit mit mir rumzuschleppen.

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  17. Bisschen undifferenziert über engagierte Filmemacher geurteilt, findest du nicht?

    In meinen Augen geht es da weniger um heucheln oder spenden und schon gar nicht darum, sich als Filmemacher selbst in Szene zu setzen, sondern darum, sich eine Meinung zu bilden, sich bewusst werden, was für eine Scheiße abgeht, bzw. ganz einfach: sich ein Bild von dieser Welt zu machen...das muß natürlich nicht (nur) über Filme geschehen, aber die hinterlassen bei mir halt meist mehr Eindruck als Zeitungsartikel, o.ä.

    Die Werke, denen ich sehr skeptisch gegenübertrete, sind eher diese derzeit recht verbreiteten, oft naiv subjektiven "Dokus" über Globalisierung, Finanzkrise, Verschwörungen, gefährliches Plastik, Lichtnahrung, und was weiß ich noch alles, die meist mit Halbwahrheiten arbeiten..da vertraue ich dann lieber anderen Medien als dem Kino.

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  18. P.S. Rumreiten beendet, alles Gute beim Schreiben ;)

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  19. Klar war das undifferenziert - und volle Kanne Polemik.

    Ich glaube, die Europäer wissen ganz genau, was da für eine Scheiße abgeht. Aber sie wissen resignierend auch, dass sie auch nichts ändern werden, indem sie sich das ansehen.

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  20. Zombies "Halloween II" ist kloßartig, ihr werdet euch vor Freude einnässen.

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  21. Klar, über den Anspruch, mit Filmen die Welt zu verändern, brauchen wir nicht reden. Was Filme aber sehr wohl können (gerade bei Heranwachsenden): PRÄGEN. Und da sind wir wieder bei der Relevanz. :)


    Ahoi Brian, einnässen werde ich mich bei H2 vielleicht, ganz sicher aber heute abend bei einem Miike/Tsukamoto Double Feature. :)

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  22. Nur, habe ich den Eindruck, wenn ich auf die heutigen Heranwachsenden altersweise herabblicke, dass sie die letzten sind, die sich sowas anschauen.

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  23. Du scheinst im Fach "Polemik" bereits habilitiert zu sein.. ;)

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  24. "Halloween II" ist übrigens unbedingt im Director's Cut zu schauen, was zumindest in Ösiland kein größeres Problem darstellt.

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  25. Aber danke für den Hinweis! Ich achte nämlich nur noch ganz selten auf irgendwelche Fassungs-geschichten, wusste gar nicht, dass es da einen DC und einen anderen gibt. :)

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