16. November 2010

Winter's Bone (Debra Granik) 9,35




Hin und wieder gibt es so einen Film, der einen von der ersten Minute packt und dank perfekter Regie, hervorragender Darsteller und einer intensiven Geschichte auch bis zum Abspann und weit darüber hinaus nicht mehr los lässt. Mit dieser Romanverfilmung ist der amerikanischen Filmemacherin Debra Granik mit ihrem erst zweiten Werk so ein intensives, düsteres, ungemein dichtes, authentisch und beklemmend wirkendes Meisterstück gelungen.

Ein 17-jähriges Mädchen, irgendwo in einem unwirtlichen Abschnitt Missouris, die Mutter psychisch krank, der Vater im Knast, sie kümmert sich um die zwei kleinen Geschwister. Es ist eine raue, von Männern, von harten Kerlen dominierte, triste, schäbige Welt, in die man hier mehr als überzeugend hineingeworfen wird. Eines Tages der Schock, der die undurchsichtige Geschichte in Gang bringt: der Vater, in Drogengeschäfte verwickelt und verhaftet, hat als Kaution das Haus der eh schon bettelarmen Familie hinterlegt und ist spurlos verschwunden, die Existenz der Heldin und ihrer Verwandten wird bedroht.

Ree, die Heldin, fragt unbeirrt in der organisiert-kriminellen Nachbarschaft nach, wo der Vater sein kann. Doch seine Drogen-Kumpanen, zum Teil die eigene Familie hält dicht und zeigt ihr die eiskalte Schulter. Sehr milde ausgedrückt, denn in diesem Film herrscht eine enorm bedrohliche, durch Gewaltbereitschaft bestimmte Atmosphäre. Die zart und verletzlich scheinende, aber gleichzeitig megatoughe Ree missachtet jedoch immer mehr frech und unerschrocken interne Gesetze in diesem brutalen Patriarchat und begibt sich damit in unmittelbare Lebensgefahr und auch ins Reich der Schmerzen - der Film ist alles andere als zimperlich.

Es entspinnt sich im weiteren Verlauf eine komplexe Geschichte, ein Heimatkrimi, so intensiv wie es äußerst selten ist. Spontane Assoziationen an Vorbilder lauten: Chinatown oder Badlands und mit solchen Klassikern in einem Atemzug darf Winter's Bone künftig auch ohne Zweifel genannt werden.

Am Ende dieser hervorragenden Tour de Force wird sogar die Säge angeworfen und für kurze Momente mag man sich an beliebte Horrorfilme erinnert fühlen, was im Saal einige zu Gelächter animiert. Doch in der gleichen Sekunde ist da auch schon wieder diese Beklemmung spürbar, diese tiefe Bitterkeit in einem markerschütternden und gleichzeitig ungemein spannenden, kurzweiligen Kino(!!)-Meisterwerk.

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