24. November 2010

Süt (Semih Kaplanoglu) 8,26




Nach dem Ei kommt die Milch. Der zweite Teil von Kaplanoglus „Yusuf-Trilogie“ beginnt gleich mal mit einer meisterlichen, verstörenden Szene vor dem Vorspann. Danach entspinnt sich wieder dieser ruhige, dialogarme, bildstarke Stil, der schon Yumurta kennzeichnete. Yusuf ist jetzt 20 Jahre jünger, ein junger, einsamer Mann auf dem Land, er lebt zusammen mit der Mutter (die im ersten Teil ja frisch verstorben war). Wir lernen, dass Yusuf auch in diesem Alter schon ein sehr ruhiger, in sich versunkener Typ ist, der kaum soziale Kontakte hat. Er ist ein Poet, der hofft, dass eines seiner Gedichte mal veröffentlich wird.

In Süt passiert scheinbar nicht viel, jedoch wird ungemein stilvoll eine faszinierende Geschichte eines jungen Mannes, der prägende Lebenserfahrungen macht, erzählt.

Im letzten Drittel ist der Film dann stark surreal bzw. metaphorisch geprägt, Kaplanoglu inszeniert plötzlich sehr mysteriös-kunstwillig. Schwer entschlüsselbar, ziemlich beeindruckend. Das Ende lässt einen rätselnd zurück und die Gewissheit, dass wir Yusuf nur noch als Kind sehen, von seiner späteren Entwicklung aber nichts mehr erfahren werden, ist gar nicht so leicht zu verkraften, so toll sind Werk und Person. Aber gerade dieses gezielte Offen lassen von Vielem, was in einem Mainstream-Epos (oder auch einem Entwicklungsroman) vermutlich detailreich abgehandelt worden wäre, macht die Größe des Films (bzw. der gesamten Trilogie) aus. Und Süt ist, das sei schonmal vorweg genommen - trotz des großen Erfolges des abschließenden Bal/Honig - als Herzstück auch der stärkste Teil der Trilogie.

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