26. Mai 2010

An Education (Lone Scherfig) 8,35




Dieser in den 60ern angesiedelte Entwicklungsfilm um die 16-jährige Jenny, die durch den vermutlich mehr als doppelt so alten David plötzlich aus ihrem langweiligen Schülerleben (Studium in Aussicht) gerissen und sodann in die feine Gesellschaft mondäner Kunstliebhaber (sowie auch, allerdings sehr behutsam, in die Liebe!) eingeführt wird, bezieht seinen Reiz aus den ambivalenten Figuren und ebensolchen Fragen: ist denn für ein (gehobene) Mittelschichts-Mädchen ein eher langweiliges, normales Leben inklusive Studium erstrebenswert oder doch dieser coole, luxuriöse Lebensstil an der Seite eines Gentleman-Gauners (a la französischer 60er Film-Vorbilder wie Belmondo und co), die Liebe zu den schönen Künsten, ein laissez faire oder let things happen - in den Tag hineinleben die bessere, die lebenswertere Alternative bzw. nicht genauso eine wertvolle "Erziehung"? (eigentlich grenzgenial dieser ironische Titel)

Wenn die aufgeweckte und doch so sensible, unerfahrene, verletzliche Jenny etwa mit ihrer engagierten Lehrerin diskutiert, welchen Weg sie bevorzugt, dann kann man bis zuletzt selbst zerrissen sein und hin und her schwanken zwischen den Möglichkeiten. Denn ein großes Plus des Films ist, dass er enorm feinfühlig aus Jennys kindlicher Perspektive erzählt ist und man sich auch als Erwachsener wieder gut in die Jugend(zeit) hineinversetzen kann. Was für eine Wahl das Mädchen treffen wird, ist auch lange gar nicht wirklich abschätzbar.

Die moralisch höchst fragwürdige Liasion der beiden und Jennys Leben an der Seite des mysteriös-verwegen und oft nicht gerade koscher wirkenden David (hallo, ihr fehl-fokussierten, offenbar selbst in rassistischen Kategorien denkenden Antisemitismus!-Einwerfer) wird von Hornby und Scherfig stets respektvoll behandelt und nicht verurteilt. Der ältere Liebhaber wird aber auch nie gänzlich unsympathisch oder zu einer gefährlichen Figur (eher zu einer tragischen).

Man kann ohnehin schon recht bald fühlen, dass dies hier trotz allem ein eher positiver Film ist. Dass bei David gegen Ende immer mehr Schattenseiten zum Vorschein kommen, die Geschichte im Grunde genommen noch einmal „glimpflich ausgeht“ (jedoch mit komplexeren Untertönen), und dass das Happy End des Films für meinen Geschmack noch einen Tick zu weit geht, all das ist leicht kritikwürdig und ließ den schönen Film für mich noch minimal unzufriedenstellend enden.

Andererseits wünscht man dieser jungen Frau doch nichts anderes, als dass ihr Leben gut verläuft. Die etwas konservative Botschaft, die Hornby und Scherfig (Italienisch für Anfänger!) hier vermitteln, ist schließlich auch genau das, was diesen Film, gerade in der heutigen Zeit der angeblich so gestiegenen Zahl an Problemkindern und bildungsverdrossenen Jugendlichen so toll werden lässt: An Education wirkt wie ein subtiler Verwandter von Dead Poets Society, diesem Kultfilm für die Generation davor: junge Menschen sensibel machen für die Fragen und Schwierigkeiten des Erwachsen werdens, Bildung als unschätzbar wertvolle Investition für eine vielleicht ja dann ebenso aufregende Zukunft betrachten. Erfreulich ist das und ordentlich unterhaltsam und routiniert, wenn auch vielleicht dann doch einen Tick zu brav serviert.

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