23. Januar 2011

Des hommes et des dieux (Xavier Beauvois) 8,37




Ein christliches Kloster in den Bergen Algeriens. Die Mönche sind mit der vorwiegend muslimischen Bevölkerung gut gestellt, sie helfen ihnen (medizinisch), suchen den Dialog und man kommt gut und respektvoll miteinander aus. Doch dann bricht die Gewalt aus, eine bewaffnete islamische Gruppe mordet in der Gegend Unschuldige (Ungläubige) und macht sich auch im Kloster mit subtilen Drohgebärden breit: das Leben ist in Gefahr, die Mönche stehen vor enorm schwierigen Glaubensprüfungen bzw. der Frage: gehen oder bleiben.

Beauvois inszeniert das Klosterdrama als hochaktuellen Kommentar zur Spannung zwischen den Weltreligionen Christentum und Islam. Was für ein Filmheld ist die zentrale Figur, Bruder Christian. Intelligent und sanftmütig, ein echtes Vorbild: Ein christlicher Mönch, der sich intensiv mit dem Koran befasst und tiefen Respekt vor der anderen, oft bedrohlich wirkenden Religion und ihren Gläubigen hat.

Dem französischen Regisseur gelingt die schöne Seltenheit, politisch aktuelles, anspruchsvolles, meisterlich inszeniertes Kino zu machen, das kaum spröde und damit auch für ein größeres Publikum geeignet ist. Es entspinnen sich auch einige hervorragende Dialoge zwischen Christen und Muslimen, von denen man sich vielleicht noch etwas mehr gewünscht hätte. Doch irgendwann sprechen die Terroristen dann nicht mehr (auch die undurchsichtige Armee nicht!). Somit weicht das Spiel mit Weltreligionsdifferenzen und –gemeinsamkeiten zunehmend einem stets schön bebilderten innerklösterlichen Leidens- und schlussendlich Märtyrerdrama, bei dem die Sanftmütigkeit beim in den Tod gehen in letzter Konsequenz dann doch einen Tick unglaubwürdig wirkt und die pompös gefilmte Abendmahl-Szene zu Schwanensee-Musik am Ende eher kunstwillige Western-Spielerei denn ernsthaft großes Kino darstellt.

Im letzten Drittel oder Viertel des Films wird also deutlich, dass Von Menschen und Göttern leider nicht ganz alle Versprechen einlösen kann, die er selbst schon gegeben hatte. Nach dem Abspann bleibt weniger Diskussionsstoff und Bedeutung, als man währenddessen schon zu spüren schien. Daher sei an dieser Stelle die Gelegenheit eines Abstechers ergriffen, nämlich kurz auf einem Filmemacher hinzuweisen, der im deutschsprachigen Raum noch sträflich unbeachtet ist: Rabah Ameur-Zaimeche. Mit Bled Number One und dem "Des hommes.." im Kern gar nicht unähnlichen, doch nicht ganz so einfach zu konsumierenden und zu deutenden Werk Dernier Maquis hat der nämlich einen herausragenden, wild-komplexen und danach einen sehr guten parabelhaften Film über Algerier/Franzosen bzw. den Religionskonflikt und religiös motivierte Gewalt gedreht. Beauvois scheint im Vergleich der beiden derjenige Regisseur, der noch mehr Gefühl für klassisches, packendes Mainstream-Kino mit Köpfchen und Klasse hat, doch Zaimeches radikalere, sicher etwas sprödere Werke sind dafür etwas anregender und böten wohl noch mehr Diskussionsstoff. Das soll aber, um wieder zu den Mönchen zurückzukehren, die feine Qualität und die stilvolle Eleganz von Des hommes et des dieux in keiner Weise schmälern.

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