11. Februar 2011

I'm still here (Casey Affleck) 7,45




Joaquin Phoenix wird Rapper. Vor allem aber lässt sich der begnadete Schauspieler mal ein Jahr lang so richtig gehen. Zottelbart, Drogen, auf alles scheißen (außer was auf niedrigstem Niveau eben so alles Spaß macht!). Casey Affleck, selbst ein ziemlich Guter des gleichen Fachs und Regiedebütant, begleitet ihn mit der Kamera, auch der Boulevard ist bei Phoenix' raren Öffentlichkeitsauftritten natürlich immer mit dabei.

Was für Mitdenkende eigentlich nichts anderes sein kann als eine mockumentary, eine Möglichkeit für Phoenix ganz unabhängig extremes method acting zu betreiben, hat doch immer wieder verstörende, ungewisse Momente: Meint der das jetzt wirklich so? Geht er nicht zu weit? Was zur Hölle treibt der da?

Phoenix' Aktionen bewegen sich zwischen kindlich-radikalem Gaga-Aktionismus und krassen Brüskierungen eines engen Freundes und treuen Angestellten. Als dieser irgendwann die Schnauze voll hat und sich revanchiert, indem er dem schlafenden JP ins Gesicht kackt(!), kann das doch nur ein Fake sein. Wie auch immer, die Aktionen im Film sind jedenfalls ziemlich ungehobelt und von niedrigen Instinkten, denen mit größter Lust nahegangen wird, geprägt. Was anfangs noch enorm komisch und genial ist, wird mit der Zeit aber auch etwas ermüdend.

So toll die Idee und das Durchziehen dieses einjährigen Gammelns nämlich per se auch ist, der Film zündet nicht auf ganzer Linie. Zu eintönig wird es manchmal, auch wenn sich Affleck mit seiner Inszenierung Mühe gibt, eigene Spuren zu hinterlassen. Und Phoenix eben großartig agiert. Manchmal nervt sein selbstverliebtes, herablassendes Verhalten aber auch gewaltig. 90 Minuten scheinen da fast zuviel, man mag sich gar nicht vorstellen, wie anstrengend das knappe Jahr für Phoenix' Mitmenschen (und natürlich auch für ihn selbst) gewesen sein muß. Für ein "nicht ernst meinen" ist das Ganze nämlich viel zu aufwendig. Hier hat sich jemand richtig reingehängt und keine halben Sachen gemacht. Ein echter Radikalakt also, zumindest wie es über diesen Film vermittelt wird. I’m still here ist also sehr speziell, ziemlich amüsant, zwischendurch aber auch mal etwas langatmig und anstrengend. Der Abschluß des Films ist dann aber nochmal sehr schön.

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