24. März 2010

Zuletzt befreit mich doch der Tod (Beate Middeke) 8,80




Eine junge Frau, wahrscheinlich jahrelang von Vater und Mutter mißbraucht und terrorisiert, danach ebenso jahrelang in psychiatrischer Behandlung, sieht schließlich nur noch den Tod als einzigen Ausweg aus ihrem Seelenleid und begeht Suizid. Sie hinterlässt auch einen Wunsch, nämlich “dass etwas mit den Sachen passiert, die ich erzählt und aufgeschrieben habe.”

Middeke interviewt in ihrer dokumentarischen Aufarbeitung dieses Falles Angehörige, Freunde, Therapeuten und Wegbegleiter des Mädchens und spielt dazu Passagen bestehend aus Tagebucheintragungen der gepeinigten Gwendolin ein. Die Nüchternheit dieses Films ist einem derartig tragischen Thema absolut angemessen; Middeke versucht, der Wahrheit nachzuspüren, aber es wird auch klar, dass man sich ohnehin nie sicher sein kann, wieviel an den Grausamkeiten, die von einer psychisch schwer angeschlagenen und zutiefst geknickten Betroffenen geschildert werden, auch tatsächlich geschehen sind. Waren die Mutter, der Stiefvater in den schrecklichen Mißbrauch verwickelt, fragt man sich z.B. schaudernd, während sie zu uns in die Kamera sprechen.

Es ist ein formal extrem reduzierter Dokumentarfilm über die grausame Realität, eine Spurensuche der Verzweiflung, ein Versuch der Aufarbeitung, so fern wie möglich von jeder Form des Sensationsjournalismus und genau darum extrem gut gelungen – die einzige kleine Kritik an dem Film: die Fragen Middekes an die Interviewten sind so leise abgemischt, dass man sie nicht hören konnte. Dies fällt jedoch angesichts der Bedeutung dieses höchst ehrbaren und mutig nachforschenden Films nicht ins Gewicht.

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