12. Januar 2011

The Social Network (David Fincher) 8,23




David Fincher dreht einen Film über Facebook? Wie langweilig ist denn das?? Klingt fast so absurd wie Ridley Scotts geplante Monopoly-Verfilmung.
So in etwa war damals die Reaktion Ihres Filmbloggers, als er das erste Mal von The Social Network hörte. Dann schlug dieser Film über das berühmte soziale Netzwerk große Wellen und gilt mittlerweile als ein Konsensfilm zahlreicher Kritiker im Jahr 2010.

Und tatsächlich ist Finchers Neuer selbstredend höchst gekonnt inszeniertes, spannendes, im besten Sinne klassisches Hollywood-Kino mit exzellentem Schnellfeuer-Dialog-Drehbuch, guter Geschichte (am Puls der Zeit) um einen sozialen Autisten auf dem Weg zum verbitterten Milliardär (natürlich, eine "wahre" Geschichte, wie fast immer in solchen Fällen aber nur eine inkomplette, fiktionalisierte Wahrheit, auch was die Person Mark Zuckerberg betrifft).

Das macht aber den Film nicht schlechter, wenn man ihn als knackiges Hollywood-Drama einstuft und leichten Abweichungen von dem, wie Zuckerbergs Charakter vielleicht im real life tatsächlich sein mag, nicht zuviel Bedeutung beimisst. Ein Meisterwerk für alle Ewigkeit ist The Social Network ja doch ohnehin nicht. Aber wieder einmal ein äußerst düsterer Stoff für Fincher. Untermalt mit Trent Reznors Musik, die zu Beginn durchaus etwas verstört und damit etwas darstellt, was man so in einem „Blockbuster“ vermutlich auch noch nicht gehört hat.

Wie Mark Zuckerberg den (herrlich komischen!) Winklevosses eine Idee klaut (bzw. eine gute fremde Idee zu einer noch besseren eigenen macht, wie er es sinngemäß argumentiert) und schließlich seinen besten Freund und Mitbegründer von Facebook, mithilfe des Napster-Schleimis Sean Parker ("Ist dieser Typ wirklich so??" Alleine für solche spannenden Fragen nach dem Kinobesuch lohnt sich dieser Film enorm!) bzw. für ihn fallenlässt wie eine heiße Tastatur, ist fesselndes und niveauvolles Entertainment, und zwar ohne allzu große Style-Exzesse (was ja übrigens auch den Kollegen von den Sieben Bergen sehr freute).

Ach ja, die Schauspieler sind auch alle top, vor allem Jesse Eisenberg konterkariert seine sensibel-warme Adventureland-Performance prächtig. The Social Network: Ein durchaus toller Film also, der auch sehr zu anschließenden Beschäftigungen mit den Charakteren anregt. Dennoch könnte das Werk (ähnlich wie Inception) einen Status erlangen, der vielleicht etwas zu hochgegriffen ist. Dafür ist der Film nämlich einen Tick zu gewöhnlich und der bedeutsame Facebook-Aufhänger als Repräsentativum eines gewaltigen, weltweit spürbaren gesellschaftlichen Lebensgewohnheiten-Umbruchs steht ja kaum im Vordergrund, vielmehr haben wir es hier mit einem geradezu klassischen Biopic zu tun.

4 Kommentare:

  1. Fast unglaublich...wir könnten hier in Sachen Fincher auf einen gemeinsamen Nenner kommen.

    Gute Schauspieler ...ja (obwohl die Fincher-Filme ja meist gut besetzt waren).

    Fiktionalisierte Wahrheit finde ich den richtigen Begriff. Diese ganzen Diskussionen um den wahren Charakter von Zuckerberg haben in der Tat nur ein begrenztes Gewicht.

    Vielleicht funktioniert der Film tatsächlich, weil er (wie irgendwo jemand schrieb) ein Männerfilm ist, in dem die Frauenrollen nur eine ganz untergeordnete Bedeutung haben. Womit eine große Schwäche Finchers, nämlich glaubhafte Paare und Beziehungen zu schildern, schon mal gar nicht zur Wirkung kommen konnte.

    Deine leicht skeptischen Töne am Ende teile ich, obwohl ich vielleicht noch etwas genauer die Begründung hören würde. Der Film ist "ein Tic zu gewöhnlich"?

    Mit "Inception" verbindet den Film in meinen Augen allerdings wenig. Der wurde wirklich maßlos überschätzt, während "The Social Network" größtenteils die selbstgesteckten Ziele erreicht und beim Publikum auch so angekommen ist.
    Scheint nicht nur mir der reifste Fincher zu sein.

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  2. @ Begründung bzw. "gewöhnlich": Es ist für mich kein Ausnahmefilm (oder M.W.), da sehr gekonnt und sehr unterhaltsam letztenendes doch nur eine Art Routineprodukt heruntergespult wird (natürlich auf sehr gutem Niveau). Aber es werden keine großen, waghalsigen Wagnisse eingegangen, es gibt kaum "Wow"-Szenen/Bilder/Montagen oder Ähnliches, was für mich außergewöhnliche Filme eben so ausmachen kann. Auch die Bewusstseinserweiterung hielt sich in Grenzen. ;)

    Ich hatte gehofft, dass dies aus meinem Schluss-Satz ansatzweise nachvollziehbar wird. Der Film erzählt vom Aufstieg eines Einzelgängers. Es steht zwar nicht der klassische Fall am Ende, dennoch ist "der Film zum Thema soziales Netzwerk" vor allem eine Art Einzelgängerporträt und weniger eine vielschichtigere Gesellschaftsanalyse, oder vergleichbares. Das Thema "soziale Netzwerke" bzw. deren Einfluß auf die moderne Lebensweise hätte vielleicht noch etwas mehr hergegeben, als bei "The Social Network" umgesetzt wurde. Was genau, weiß ich nicht, und ich will es dem Film auch gar nicht vorwerfen.

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  3. Dank für die Erläuterung :) Ich habe nur nachgefragt, weil ich zwar sowas geahnt hatte, aber andererseits mich in Verdacht habe, dass bei anderer Leute Reviews, wenn sie gewisse Interpretationsspielräume lassen, meine doch etwas vorbelastete Sicht auf Fincher die eigentlichen Aussageabsichten vernebelt ;)

    Das Gefühl, der Film ginge nicht soweit, wie er angesichts des Themas gehen könnte, bleibt in der Tat. Ich finde, das hast du mit gewohnt wenigen, aber genauen Sätze charakterisiert.

    Vielleicht hat diese gewisse Selbstbescheidung Finchers auch dazu beigetragen, dass dieser Film im Grunde gelungen ist, da er das, was überhaupt in seiner künstlerischen Reichweite ist, recht gut umsetzt. Sonst hätte uns möglicherweise wieder einer dieser überambitionierten Finchers gedroht.

    Zudem sollte man im Auge haben, dass einem Film, der sich mit lebenden Personen auseinandersetzt und juristisch umstrittenes Terrain sondiert, auch gewisse rechtliche Grenzen gesetzt sind.

    Geschildet wird die Gründung der sozialen Netzwerke. Die Folgen, die sich langsam deutlich abzeichnen, sind glaube ich fast ein eigenens Thema und hängen überhaupt nicht an der Person Zuckerbergs.

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  4. Jop, ich kann dir auch beipflichten. Ich werde halt immer besonders sensibel, wenn Filme quasi global als "toll" und vielleicht sogar herausragend angesehen werden, die von mir zwar als gut bis sehr gut, aber nicht so außergewöhnlich wahrgenommen werden.

    Vielleicht häng ich mich auch nur (minimal!)an diesem ambitionierten Titel auf, aber "The Mark Zuckerberg Story" hätte ja auch doof geklungen. ;)

    Von daher denke ich, wir können uns einigen, diesen Fincher - ganz entnebelt! - ähnlich einzustufen. :)

    Wo wir uns eventuell unterscheiden, könnte dieses "Ambition bzw. Überambition"s-Ding sein. Letztere finde ich ja meistens spannender. ;)

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