24. Februar 2011

Schwarz auf weiß (Susanne Jäger & Pagonis Pagonakis) 6,90




Ein weißhäutiger Journalist lässt sich in Gesicht und an den Armen mit Farbe bemalen und geht als "Schwarzer" mit versteckter Kamera auf Deutschlandtour. Immer wieder erlebt er versteckte und offene Diskriminierung, Ablehnung, Verschmähen, Benachteiligung, Haß; Günter Wallraff, der schon öfter ähnliche Aktionen geliefert hat, legt diesen subtilen Alltagsrassismus, der noch immer tief in so vielen Menschen verankert ist, sehr direkt und mit der spannenden Methode des heimlichen Mitschnitts einerseits gekonnt offen. Doch sein Konzept hat auch arge Mängel: Wenn er sich etwa bei einem Seniorenspaziergang aufdrängt oder mit eigenwilliger Mimik und Gestik bei Volksfesten aufhält und dadurch ablehnende Reaktionen einholt, scheint die Hautfarbe nicht unbedingt das Hauptkriterium für diese zu sein.

Zudem ist die Idee gar nicht neu, sondern es gab vor einigen Jahren in den USA bereits eine ähnliche Dokumentation. Aber das macht ja nichts, das Thema ist zu wichtig, als dann man eine Originalitätskeule schwingen sollte. Dennoch, so erschütternd und erhellend Szenen wie die rund um ein Fussballspiel im Osten Deutschlands auch sind, hält sich der Erkenntnisgewinn über den grässlichen Rassismus in vorwiegend ländlichen Gegenden in Grenzen. So lustig wie ein Sacha Baron Cohen ist Wallraff übrigens nicht, aber Komik ist diesem Film auch kein großes Anliegen. Der „deutschen Gesellschaft“ einen Spiegel vorzuhalten gelingt nur bedingt, dennoch überzeugt das Projekt in gewisser Weise durch seine intensiven, unerhört wirkenden und auch traurig stimmenden „hidden camera“ Ergebnisse.

4 Kommentare:

  1. Wallraff wird älter; dem kann er nicht ausweichen. Was er seinerzeit als "Hans Esser" bei "Bild" bot, bleibt unerreicht. - Trotzdem: Schön, dass du auf den Film hinweist!

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  2. Ich kannte den ja überhaupt nicht, bis zu diesem Film. Hab aber danach dann mitbekommen, dass er in Deutschland ziemlich bekannt ist. Mit seinen früheren Aktionen konnte ich den Film gar nicht vergleichen...

    In der Presse wurde Wallraff ja für Schwarz auf Weiß noch schärfer kritisiert, ich halte das aber auch für übertrieben. Auch wenn das Resultat etwas zwiespältig ausgefallen ist: diese Leidenschaft, über ein Jahr nachzuforschen, was da so vor sich geht, und sich so reinzustürzen, ist doch einiges wert.

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  3. "Man" mochte ihn natürlich grundsätzlich nicht, weil er seit seinen spannenden Industriereportagen am "System" rüttelte (manche Politiker bezeichneten ihn als Kommunisten, was er nie war). Als dann entdeckt wurde, dass in seinem 1985 erschienen Buch "Ganz unten" (er hatte sich als Türke ausgegeben) ein paar abgeschriebene Passagen ohne Quellenangaben zu finden waren, hielten ihn viele für unten durch. Beinahe ein Vorläufer von Guttenberg. ;)

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  4. Pfui! Abschreibende Am-System-Rüttler, das geht natürlich gar nicht. ;)

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